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Staatsexamina
 
Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 30.04.2020
Erklärung mit Nichtwissen durch Kfz-Versicherung: Umfang von Wahrnehmungsbereich und Erkundigungspflichten, 08/20 ZR

LAW Aktuell Bayern Spezial Assessor
 
BGH, Urteil vom 23. Juli 2019, Az. VI ZR 337/18 = NJW 2019, 3788

Sounds:

1. Außerhalb des Bereichs der eigenen Handlungen und eigenen Wahrnehmung der Partei ist eine Erklärung mit Nichtwissen (§ 138 IV ZPO) auch dann unzulässig, wenn und soweit eine Informationspflicht der Partei hinsichtlich der vom Gegner behaupteten Tatsachen besteht.

2. Eine nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung trifft die Pflicht, sich bei ihrem Versicherungsnehmer und etwaigen unfallbeteiligten Mitversicherten zu erkundigen, ob der Vortrag des Geschädigten zum Unfallgeschehen zutrifft. Will sie mit Nichtwissen bestreiten, muss sie hinreichende Gründe dafür darlegen, warum sie sich auf der Grundlage der erteilten Auskünfte nicht dazu einlassen kann, ob das Vorbringen des Geschädigten zutrifft.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 30.04.2020
Behauptung von Fakten außerhalb des eigenen Wahrnehmungsbereichs: unzulässiger Ausforschungsbeweis, 07/20 ZR

LAW Aktuell Bayern Spezial Assessor
 

BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2019, Az. VIZR 377/18 = NJW 2020, 393

Sounds:

1. Wenn der Beklagte den Umfang oder die Höhe eines Schadens mit der Begründung bestreitet, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beeinträchtigt worden, verbleibt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Kläger.

2. Behauptet der Kläger, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und den beschädigten Pkw in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann er eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er darf daher die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens behaupten und unter Zeugenbeweis stellen. Darin liegt weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 30.04.2020
Kündigungsschutz ohne KSchG: Reichweite der Treuwidrigkeitsprüfung gemäß § 242 BGB, 06/20 ZR

LAW Aktuell Bayern Spezial Assessor
 

BAG, Urteil vom 5. Dezember 2019, Az. 2AZR 107/19 = NZA 2020, 171

Sounds:

1. Eine Kündigung verstößt nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Dabei geht es vor allem darum, Arbeitnehmer in Kleinbetrieben und in der Wartezeit des KSchG vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.

2. Der Willkürvorwurf scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt. Ein solcher ist bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust grundsätzlich auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar sind.

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Geschrieben von D.D.

LAW Aktuell 08.04.2020
Vertreter kann, muss aber nicht! Eine Vorsorgevollmacht verpflichtet nicht

Vorsorgevollmacht
 
 
Der Empfänger einer Vorsorgevollmacht ist, anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer, nicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft für den nicht mehr prozessfähigen Schuldner verpflichtet.
Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht wird oftmals empfohlen, um im Bedarfsfall, der eigenen Pflegebedürftigkeit und insbesondere bei Eintritt der eigenen Geschäfts- und Prozessunfähigkeit durch eine Person des eigenen Vertrauens fortan vertreten zu werden. Zwar kann dies bei rechtzeitiger Benennung einer geeigneten Person auch im Wege der gerichtlich angeordneten Betreuung erfolgen, allerdings geht die Betreuungsbedürftigkeit oftmals mit dem Verlust der Möglichkeit der hierfür notwendigen Benennung der konkreten Person einher. Und nicht jeder ist bereit, sich als Betreuer für einen anderen bestellen zu lassen, bringt dieses Ehrenamt doch auch nicht nur unerhebliche Rechenschafts- und auch sonstige rechtserhebliche Verpflichtungen mit sich.

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Geschrieben von D.D.

LAW Aktuell 08.04.2020
Zweifach geregelt ist nicht einfach! Wann ist ein Mietrückstand erheblich?

Mietrückstand
 
LG Berlin, Urt. v. 08.01.2020 – 66 S 181/18

„Kleinvieh kann auch Mist machen". Doch manchmal sollte man, so ärgerlich dies im Einzelfall auch sein mag, dann doch auch „die Kirche im Dorf lassen". Die rechtzeitige Beachtung dieser beiden geflügelten Worte aus dem Reichtum der Volksweisheiten könnten manchen Rechtsstreit erst gar nicht aufkommen lassen. Andererseits sind es naturgemäß oftmals auch gerade Streitigkeiten um relativ kleine Beträge, die zu größeren Entscheidungen, etwa über die Frage der Erheblichkeit eines Mietrückstands als Voraussetzung für eine diesbezügliche Kündigung, führen können. Und nicht wenige Vermieter werden sich überdies denken: „Da kann ja jeder kommen – wo kommen wir denn dahin!", während sich der Mieter wiederum denken wird „Wegen der paar Pfennige/Cents".

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Geschrieben von RA Christoph Wilhelm

LAW Aktuell 08.04.2020
Ohne Arbeit kein Geld? Von wegen keine Vergütung am Feiertag!

Feiertage
 
BAG, Urt. 19.03.2019, 9 AZR 406/17
Veröffentlicht in: NZA 2020, 237
 
Die Parteien streiten über Vergütung für gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen. Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist er zur Belieferung von Abonnenten von Montag bis einschließlich Samstag verpflichtet. „Arbeitstage" sind nach dem Arbeitsvertrag alle Tage, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Fällt ein Feiertag auf einen Werktag, an dem keine Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, erhält der Kläger nach dieser Regelung keine Vergütung.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger für 5 Feiertage im April und Mai 2015 (Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag), an denen er nicht beschäftigt wurde, Entgeltzahlung für die an den streitgegenständlichen Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit (§ 2 I EFZG). Er macht geltend, der Arbeitsausfall an den betreffenden Tagen sei ausschließlich feiertagsbedingt, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für den Entgeltzahlungsanspruch (§ 2 I EFZG) vorlägen. Die im Arbeitsvertrag getroffene Regelung stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Beklage machte demgegenüber geltend, dass die Arbeit des Klägers nicht wegen der Feiertage, sondern deshalb unterblieben sei, weil im Zustellbezirk des Klägers an den Tagen keine Presseerzeugnisse erschienen seien. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

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Geschrieben von D.D.

LAW Aktuell 08.04.2020
Wer zahlt gibt an? Privat bedeutet nicht einfacher!

Private Hochschule
 
VGH Kassel, Beschl. v. 13.01.2016 – 9 E 2338/15 – (NJW 2016, 1338)
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.02.2020 – 1 U 67/17

Die gerichtliche Überprüfung der Bewertung von Prüfungsleistungen an einer privaten Hochschule obliegt den Zivilgerichten, wobei dies nicht bedeutet, dass die für die staatlichen Prüfungen geltenden Maßstäbe nicht ebenfalls entsprechend anwendbar seien.
„Wer es sich leisten kann, studiert an einer privaten Uni". Diese Denke, nicht selten mit einem gewissen (Sozial-)Neid auf die vermeintlich oder tatsächlich qualitativ höherwertigeren Studienbedingungen nebst entsprechender Zusatzleistungen sowie, natürlich, das Netzwerken mit Gleichgesinnten und Gleichbetuchten, ist durchaus verbreitet. Gerne wird zudem eingeflochten, dass der- oder diejenige an einer staatlichen Hochschule wahrscheinlich zudem auch gar nicht „durchgekommen" wäre … als ob man sich allein durch die Entrichtung der ja tatsächlich selten niedrigen Studiengebühren an privaten Hochschuleinrichtungen buchstäblich seinen Abschluss erkaufen könnte. Dabei gelten für staatlich zur Abnahme von Hochschulprüfungen anerkannte Bildungsinstitute letztlich die gleichen Prüfungsanforderungen wie bei ihren staatlichen Pendants.

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Geschrieben von D.D.

LAW Aktuell 08.04.2020
Lass Dir lieber Zeit! Messestand kann Geschäftsraum sein

Messestand
 
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 28.10.2019 – 5 U 72/19
 
Der Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer im Zuge einer Verkaufsmesse ist unter Umständen nicht widerrufbar.
„Einfach mal nur gucken". Mit diesem (guten) Vorsatz spazieren Jahr für Jahr Millionen von Verbraucher als Besucher der in die Tausende gehenden Fach- und Verbrauchermessen zwischen den diversen Ausstellungsständen umher. Nicht selten entwickelt sich, gerade auch nach einem längeren Informations- und Beratungsgespräch, womöglich noch durch besondere „Messe-Konditionen" motiviert, dann doch ganz schnell Kaufentscheidungen, mit denen man schon am nächsten Tag nicht mehr ganz so glücklich ist. Nicht jedes „Messe-Schnäppchen" hält, was es verspricht, und im hallenverstärkten Trubel fehlt es oftmals halt auch an der gelegentlich erforderlichen Ruhe zum „gründlichen Nachdenken".

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Geschrieben von Achim Wüst

LAW Aktuell 08.04.2020
Machen Kleider Leute? Kleidungsstil darf bei Prüfung grundsätzlich nicht bewertet werden.

Kleidung
 
 
Die Klägerin studierte bis 2018 im Masterstudiengang "Recht für die Öffentliche Verwaltung" an einer Berliner Hochschule. Im Vorfeld übermittelte die Dozentin den Kandidaten die für die mündliche Prüfung maßgebenden Kriterien nebst Punkteskala. Für die Kategorie "Präsentationsweise (Vortrag)" sollte danach "sicheres und überzeugendes Auftreten mit einem dem Charakter der Prüfung angemessenem Kleidungsstil" maßgebend sein. In einer an alle Kandidaten gerichteten weiteren E-Mail hieß es zunächst, es werde "ein der Prüfung angemessenes, dezentes und ansprechendes Kleidungsbewusstsein" bewertet. Weniger später teilte die Dozentin mit, sie verzichte angesichts der Temperaturen auf einen "strengen formalen, geschäftlichen Dress-Code", die Studierenden sollten sich jedoch "dem Anlass entsprechend ansprechend und gepflegt" kleiden.
Die Klägerin erzielte bei ihrer mündlichen Prüfung die Note 1,7, wobei der Punktabzug in der Kategorie "Präsentationsweise" damit begründet wurde, der Kleidungsstil der Klägerin habe "eher einem Alltagsoutfit (unter anderem Jeans, Oberteil mit Punkten)" entsprochen.

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Geschrieben von D.D.

LAW Aktuell 08.04.2020
Her mit dem Vertrag! Nicht notwendig notariell. Rechtsfolgenachweis für Grundbuchumschreibung bei GbR

Grundbuchnachweis
 
OLG München, Beschl. v. 08.01.2020 – 34 Wx 420/19
 
Nach dem Tod eines Gesellschafters einer GbR, die als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist, muss der Erbe neben dem Erbfolgenachweis auch den Gesellschaftsvertrag vorlegen.
Seit annähernd zwanzig Jahren ist die über 120 Jahre alte Gesellschaft bürgerlichen Rechts teilrechtsfähig und kann hierdurch auch als Eigentümerin eines Grundstücks oder Grundstücksrechtes in das Grundbuch eingetragen werden. Aufgrund der Publizitätswirkung des Grundbuches sind dabei auch alle Gesellschafter der GbR dort zu erfassen, weil es für die GBR kein dem Handelsregister vergleichbares Register gibt. Verstirbt ein Mitgesellschafter einer GbR, so kann zwar dessen Erbe – oder die Erbengemeinschaft – Mitgesellschafter der GbR werden, im Grundbuch wird dies aber nicht von Amts wegen eingetragen. Zur – notwendigen – Grundbuchberichtigung bedarf es allerdings wiederum mehr als nur eines Erbscheins oder einer Abschrift eines notariell beurkundeten Testaments.
Denn durch diese wird allein die erbrechtliche Rechtsfolge der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1, 1967 BGB) belegt. Daneben, so das Oberlandesgericht München im Zuge einer „Segelanweisung" (Empfehlung, Hinweis ohne Bindungswirkung, z.B. in einem obiter dictum) an das Grundbuchamt beim Amtsgericht, kommt es aber auch auf etwaige gesellschaftsrechtliche Regelungen über die Möglichkeit des „Nachrückens" der Erben eines verstorbenen Gesellschafters an. Durch diese könn(t)en ja durchaus abweichende Bestimmungen gegenüber der allgemeinen erbrechtlichen Rechtslage, gerade bei mehreren Erben, vorgesehen sein (Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht!). Diese wiederum könnten, wenn auch nur vorübergehend, zu einem „Schwebezustand", etwa in Bezug auf den Eintritt in die Gesellschaft, führen, der sich mit der Bestands- und Bekundungskraft des Grundbuchs nicht ohne Weiteres verträgt.
Anders als bei sonstigen grundbuchbezogenen Vorgängen bedarf es nach den Vorgaben des erkennenden Senats nicht zwingend eines notariell beurkundeten (§ 128 BGB) Gesellschaftsvertrags, um die Anforderungen an den Nachweis eines unrichtig gewordenen Grundbuchs zu genügen (§ 29 GBO). Vielmehr könne, gerade bei nur privatschriftlich – handschriftlich – geschlossenen Gesellschaftsverträgen auch eine Vorlage einer nur privatschriftlichen Abschrift genügen.

Hemmer/Wüst, Sachenrecht III, Rn. 85a

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