LAW Aktuell
Geschrieben von RA Christoph WilhelmLAW Aktuell 08.04.2020
Ohne Arbeit kein Geld? Von wegen keine Vergütung am Feiertag!
Veröffentlicht in: NZA 2020, 237
Die Parteien streiten über Vergütung für gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen. Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist er zur Belieferung von Abonnenten von Montag bis einschließlich Samstag verpflichtet. „Arbeitstage" sind nach dem Arbeitsvertrag alle Tage, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Fällt ein Feiertag auf einen Werktag, an dem keine Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, erhält der Kläger nach dieser Regelung keine Vergütung.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger für 5 Feiertage im April und Mai 2015 (Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag), an denen er nicht beschäftigt wurde, Entgeltzahlung für die an den streitgegenständlichen Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit (§ 2 I EFZG). Er macht geltend, der Arbeitsausfall an den betreffenden Tagen sei ausschließlich feiertagsbedingt, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für den Entgeltzahlungsanspruch (§ 2 I EFZG) vorlägen. Die im Arbeitsvertrag getroffene Regelung stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Beklage machte demgegenüber geltend, dass die Arbeit des Klägers nicht wegen der Feiertage, sondern deshalb unterblieben sei, weil im Zustellbezirk des Klägers an den Tagen keine Presseerzeugnisse erschienen seien. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 08.04.2020
Wer zahlt gibt an? Privat bedeutet nicht einfacher!
VGH Kassel, Beschl. v. 13.01.2016 – 9 E 2338/15 – (NJW 2016, 1338)
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.02.2020 – 1 U 67/17
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.02.2020 – 1 U 67/17
Die gerichtliche Überprüfung der Bewertung von Prüfungsleistungen an einer privaten Hochschule obliegt den Zivilgerichten, wobei dies nicht bedeutet, dass die für die staatlichen Prüfungen geltenden Maßstäbe nicht ebenfalls entsprechend anwendbar seien.
„Wer es sich leisten kann, studiert an einer privaten Uni". Diese Denke, nicht selten mit einem gewissen (Sozial-)Neid auf die vermeintlich oder tatsächlich qualitativ höherwertigeren Studienbedingungen nebst entsprechender Zusatzleistungen sowie, natürlich, das Netzwerken mit Gleichgesinnten und Gleichbetuchten, ist durchaus verbreitet. Gerne wird zudem eingeflochten, dass der- oder diejenige an einer staatlichen Hochschule wahrscheinlich zudem auch gar nicht „durchgekommen" wäre … als ob man sich allein durch die Entrichtung der ja tatsächlich selten niedrigen Studiengebühren an privaten Hochschuleinrichtungen buchstäblich seinen Abschluss erkaufen könnte. Dabei gelten für staatlich zur Abnahme von Hochschulprüfungen anerkannte Bildungsinstitute letztlich die gleichen Prüfungsanforderungen wie bei ihren staatlichen Pendants.Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 08.04.2020
Lass Dir lieber Zeit! Messestand kann Geschäftsraum sein
Der Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer im Zuge einer Verkaufsmesse ist unter Umständen nicht widerrufbar.
„Einfach mal nur gucken". Mit diesem (guten) Vorsatz spazieren Jahr für Jahr Millionen von Verbraucher als Besucher der in die Tausende gehenden Fach- und Verbrauchermessen zwischen den diversen Ausstellungsständen umher. Nicht selten entwickelt sich, gerade auch nach einem längeren Informations- und Beratungsgespräch, womöglich noch durch besondere „Messe-Konditionen" motiviert, dann doch ganz schnell Kaufentscheidungen, mit denen man schon am nächsten Tag nicht mehr ganz so glücklich ist. Nicht jedes „Messe-Schnäppchen" hält, was es verspricht, und im hallenverstärkten Trubel fehlt es oftmals halt auch an der gelegentlich erforderlichen Ruhe zum „gründlichen Nachdenken".Geschrieben von Achim Wüst
LAW Aktuell 08.04.2020
Machen Kleider Leute? Kleidungsstil darf bei Prüfung grundsätzlich nicht bewertet werden.
Die Klägerin erzielte bei ihrer mündlichen Prüfung die Note 1,7, wobei der Punktabzug in der Kategorie "Präsentationsweise" damit begründet wurde, der Kleidungsstil der Klägerin habe "eher einem Alltagsoutfit (unter anderem Jeans, Oberteil mit Punkten)" entsprochen.
Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 08.04.2020
Her mit dem Vertrag! Nicht notwendig notariell. Rechtsfolgenachweis für Grundbuchumschreibung bei GbR
Nach dem Tod eines Gesellschafters einer GbR, die als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist, muss der Erbe neben dem Erbfolgenachweis auch den Gesellschaftsvertrag vorlegen.
Seit annähernd zwanzig Jahren ist die über 120 Jahre alte Gesellschaft bürgerlichen Rechts teilrechtsfähig und kann hierdurch auch als Eigentümerin eines Grundstücks oder Grundstücksrechtes in das Grundbuch eingetragen werden. Aufgrund der Publizitätswirkung des Grundbuches sind dabei auch alle Gesellschafter der GbR dort zu erfassen, weil es für die GBR kein dem Handelsregister vergleichbares Register gibt. Verstirbt ein Mitgesellschafter einer GbR, so kann zwar dessen Erbe – oder die Erbengemeinschaft – Mitgesellschafter der GbR werden, im Grundbuch wird dies aber nicht von Amts wegen eingetragen. Zur – notwendigen – Grundbuchberichtigung bedarf es allerdings wiederum mehr als nur eines Erbscheins oder einer Abschrift eines notariell beurkundeten Testaments.Denn durch diese wird allein die erbrechtliche Rechtsfolge der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1, 1967 BGB) belegt. Daneben, so das Oberlandesgericht München im Zuge einer „Segelanweisung" (Empfehlung, Hinweis ohne Bindungswirkung, z.B. in einem obiter dictum) an das Grundbuchamt beim Amtsgericht, kommt es aber auch auf etwaige gesellschaftsrechtliche Regelungen über die Möglichkeit des „Nachrückens" der Erben eines verstorbenen Gesellschafters an. Durch diese könn(t)en ja durchaus abweichende Bestimmungen gegenüber der allgemeinen erbrechtlichen Rechtslage, gerade bei mehreren Erben, vorgesehen sein (Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht!). Diese wiederum könnten, wenn auch nur vorübergehend, zu einem „Schwebezustand", etwa in Bezug auf den Eintritt in die Gesellschaft, führen, der sich mit der Bestands- und Bekundungskraft des Grundbuchs nicht ohne Weiteres verträgt.
Anders als bei sonstigen grundbuchbezogenen Vorgängen bedarf es nach den Vorgaben des erkennenden Senats nicht zwingend eines notariell beurkundeten (§ 128 BGB) Gesellschaftsvertrags, um die Anforderungen an den Nachweis eines unrichtig gewordenen Grundbuchs zu genügen (§ 29 GBO). Vielmehr könne, gerade bei nur privatschriftlich – handschriftlich – geschlossenen Gesellschaftsverträgen auch eine Vorlage einer nur privatschriftlichen Abschrift genügen.
Hemmer/Wüst, Sachenrecht III, Rn. 85a
Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 08.04.2020
Urschrift? Abschrift? Ausfertigung? Das verstehe, wer will! Vollmachtsurkunde nur im Original
Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 08.04.2020
Der Apfel fällt manchmal weit vom Stamm: Abkömmlinge sind auch die Enkel und Urenkel
In einer letztwilligen Verfügung umfasst der Begriff „Abkömmlinge" neben Kindern auch deren Kinder und Enkel, somit also auch die Enkel und Urenkel des verfügenden Erblassers.
Die Sorge vieler Eltern ist es, dass nach ihrem Tod die eigenen Kinder sich um die Erbschaft streiten und die bis dahin mehr oder weniger intakte Familie (endgültig) auseinanderbricht. Diese verständlicherweise für nicht wenige Eltern höchst unerfreuliche Vorstellung führt dazu, dass mittels letztwilliger Verfügungen, oftmals Testamente, möglichst gerecht und vorausschauend die eigene Erbfolge bestimmt werden soll. Ein Unterfangen, das, wie die gerichtliche Praxis zeigt, oftmals nur bedingt gelingt, was sowohl an unerwarteten Änderungen in den Lebensverhältnissen als auch nur vermeintlich hinreichend klaren und eindeutigen Formulierungen liegt. Anders als bei Rechtsgeschäften unter Lebenden kann naturgemäß der Erblasser nicht nach seiner Regelungsabsicht gefragt werden und die Erforschung dessen eigentlichen Willens (§ 133 BGB) ist dann immer so eine Sache.Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 07.08.2020
Nicht gut gelaufen! (Herum-) Laufen nur auf eigene Gefahr
LG Köln, Urt. v. 23.01.2020 – 2 O 93/19
Wer an einem Firmenlauf teilnimmt und sich dabei verletzt hat ebenso wenig einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen wie derjenige, der in einem Krankenhaus über eine im Wartebereich befindliche Sitzgruppe fällt.
„Wenn der Deutsche hinfällt, steht er nicht auf, sondern sieht sich um, wer ihm schadensersatzpflichtig ist.". Mit diesem von Kurt Tucholsky vor etwas mehr als 100 Jahren geäußerten Einschätzung über die – damalige – Mentalität seiner Landsleute dürfte der Schriftsteller und Publizist auch heute noch ganz gut den Zeitgeist treffen, denn die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen und Schmerzensgeldansprüchen wegen vermeintlicher Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder auch behaupteten betrieblichen Veranlassung einer Aktivität, die zur Beeinträchtigung der eigenen körperlichen Unversehrtheit führt, ist keine allzu große Seltenheit mehr – Tendenz eher sogar noch steigend. Doch nicht alles, was vor den deutschen Gerichten diesbezüglich unternommen wird, führt sogleich auch zum Erfolg.
Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 06.08.2020
Haste mal ne Stunde Zeit? Viel Lesestoff in AGB ist zumutbar!
Eine AGB-Regelung wird nicht allein schon dadurch intransparent und damit unwirksam, weil ein durchschnittlicher Verbraucher mehr als eine Stunde an ihr zu lesen hat.
Das berühmt-berüchtigte „Kleingedruckte" ist in der Realität oftmals keineswegs besonders klein oder anderweitig unscheinbar, da seine Wahrnehmbarkeit gerade eine der Voraussetzungen für seine wirksame Einbeziehung in einen Vertrag darstellt. Angesichts von oftmals einer vollen DIN-A4-Seite, gerne natürlich auf der Rückseite einer Auftragsbestätigung oder Ähnlichem abgedruckt und mit dem vorderseitigen „Auftragsbedingungen umseitig" oder Ähnlichem dezent – aber ausreichend – vermerkt, kann zwangsläufig halt auch nur selten eine Schriftgröße verwendet werden, die auch noch mit höhergradiger Kurzsichtigkeit bei Verlegen der eigenen Sehhilfe mit ausgestrecktem Arm perfekt entziffert werden kann. Und zudem: Wer liest sich denn schon durch zwei oder noch mehr Spalten voller „Juristen-Deutsch", zumal, wenn das Ganze länger dauert, als der eigentliche Vertragsschluss samt sämtlicher vorheriger Information über den Vertragsgegenstand.Geschrieben von D.D.
LAW Aktuell 04.04.2020
Referendarausbildung mit Kopftuch?
Aus der staatlichen Verpflichtung zur religiösen Neutralität folgt, dass Rechtsreferendare und Referendarinnen jedenfalls bei der Wahrnehmung richterlicher Aufgaben gegenüber Bürgern keine Religionssymbole tragen dürfen.
Zur Ausbildung im staatlichen Vorbereitungsdienst kann es je nach landesrechtlicher Regelung auch gehören, dass die dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft Zugewiesenen mit der Wahrnehmung richterlicher oder staatsanwaltschaftlicher Tätigkeiten in der öffentlichen Verhandlung betraut werden, etwa einer Einvernahme von Zeugen im Zuge einer Beweisaufnahme oder der Vertretung einer Anklage. In diesem Fall tritt der damit Betraute, unter Aufsicht des ihn ausbildenden Richters, dem Bürger nicht anders als ein im Amt befindlicher Richter oder Staatsanwalt gegenüber und unterliegt somit auch der für diesen geltenden Neutralitätspflicht des Staates in Fragen der Religionsausübung. Entsprechend haben die Länder in ihren Gesetzen über die Juristenausbildung zunehmend Bestimmungen vorgesehen, die es verbieten, jedenfalls bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit ein Symbol zu tragen, das als Ausdruck religiöser Anschauungen verstanden werden kann.Ohne Erfolg klagte eine Rechtsreferendarin gegen eine solche Regelung des Landes Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht, weil sie sich dadurch in ihrem Grundrecht auf individuelle Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG) verletzt sah.
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