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LAW Aktuell

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Staatsexamina
 
Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 10/18 ZR – 2. Staatsexamen

BGH, Urteil vom 5. Dezember 2017, Az. VI ZR 24/17 = NJW 2018, 935

Materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten: Voraussetzungen und Umfang

Sounds:

1. Ein dem Geschädigten zustehender Schadensersatzanspruch umfasst grds. auch ohne zusätzliche Voraussetzungen, wie etwa Verzug, den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten.

2. Einem solchen Anspruch ist im Verhältnis zum Schädiger grds. der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht. Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe.

3. Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgehen konnte, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 09/18 ZR – 2. Staatsexamen

BAG, Urteil vom 17. Oktober 2017, Az. 9 AZR 80/17 = NZA 2017, 57

Ausschlussfrist: keine Fristwahrung des Urlaubsabgeltungsanspruchs durch Kündigungsschutzklage

Sounds:

1. Die für den Lauf einer Ausschlussfrist maßgebliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien tritt durch die wirksame Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist ein. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hat. Dies gilt sogar dann, wenn später durch gerichtlichen Vergleich die Beendigung durch die Kündigung festgestellt wird.

2. Fordert eine Ausschlussfrist eine „schriftliche" Geltendmachung von Ansprüchen, so ist diese in verfassungskonformer Auslegung durch die Erhebung einer Bestandsschutzklage gewahrt, wenn es um Ansprüche aus Annahmeverzug geht. Dies gilt aber nicht beim Urlaubsabgeltungsanspruch, weil dieser gerade nicht auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abstellt, sondern nur im umgekehrten Fall eingreift.

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LAW Aktuell Schadensersatzpflicht der Eltern nach § 832 I BGB

Schadensersatzpflicht der Eltern nach § 832 I BGB wegen Toilettenverstopfung durch dreijähriges Kind

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2018 - I-4 U 15/18

Geschrieben von: RA Michael Bäumer

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+++ Haftung der Eltern wegen Aufsichtspflichtverletzung gem. § 536c Abs. 2 Satz 1; §§ 535, 280 I, 241 II; § 831; § 823 I; § 832 I BGB +++ Grenzen der Aufsichtspflicht bei dreijährigem Kind +++

Sachverhalt (stark verkürzt und vereinfacht): Ein dreieinhalbjähriges Kind benutzte nachts solche Mengen Toilettenpapier, dass der Abfluss verstopfte. Auf Grund der Beschaffenheit des Spülknopfes (seit Mietbeginn defekt) konnte sich dieser leicht verhaken, wenn er nicht in einer bestimmten Weise bedient wurde. Nach der Benutzung der Toilette durch das Kind lief ununterbrochen Wasser nach. Dadurch entstand dem Vermieter ein Wasserschaden in Höhe von 15.000 € auf, den er von der Mutter ersetzt verlangt.

A) Sound

Die Eltern eines dreieinhalbjährigen Kindes begehen keine Aufsichtspflichtverletzung, wenn ihr Kind schlafen gelegt wird, dieses aber unbeobachtet aufsteht, zur Toilette geht, durch eine Menge Klopapier den Abfluss verstopft und dadurch das Badezimmer überschwemmt.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 03/18 ÖR

VG Augsburg, Urteil vom 14.07.2016 – Au 2 K 16.416 sowie VGH München, Beschl. vom 11.05.2017 – 14 ZB 16.1775,  sowie BayVBl 2017, 777
 
Auch im Naturschutzrecht gibt es Drittschutz – Verpflichtung zur Beseitigung eines Zaunes
 
Sound:

Ein Elektrozaun in einem Wald, der zur Vermeidung von Schäden in der Landwirtschaft durch Wildschweine errichtet wurde, kann eine unzulässige Sperre i.S.d. Art. … BayNatSchG sein. Ein Dritter kann durch Verpflichtungsklage den Erlass einer Beseitigungsanordnung erzwingen.

Sachverhalt:

A ist Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen in unmittelbarer Nähe zum Staatsforst Hohenberg, Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Er hat in den letzten Jahren erhebliche Schäden an seinen angebauten Feldfrüchten durch Wildschweine erlitten. Dieses Schwarzwild hat seinen Haupt-Aufenthaltsort in den Wäldern des Staatsforstes.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 02/18 ÖR

VG München, Urteile vom 18.02.2015, Az. M 7 K 14.1412 sowie M 7 K 14.2599, www.gesetze.bayern.de
 
Die Finanzhoheit der Gemeinde gilt nicht unbegrenzt, vor allem nicht gegen Prestigeobjekte

Sound:

Einer Gemeinde ist es nicht erlaubt, Privatleute bei der Führung eines Prozesses gegen ein staatlich geplantes Vorhaben zu unterstützen. Auch bei bereits abgegebener Zusicherung kann diese zurückgenommen werden, dies kann aufsichtlich durchgesetzt werden.

Sachverhalt:

Die kreisangehörige Gemeinde H liegt in unmittelbarer Nähe zum Flughafen München. Die Gemeinde hat vergeblich versucht, sich gegen Erweiterungen des Flughafens zur Wehr zu setzen. Am 3. April 2017 wurde Herr X im Rathaus der Gemeinde vorstellig und erklärte, dass er im Januar eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für eine dritte Start- und Landebahn am Flughafen München erhoben habe, da diese auch im Interesse der Gemeinde liege, bitte um einen Zuschuss für seine Prozesskosten in Höhe von 10.000 Euro.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 01/18 ÖR

 
VGH München, Urteil vom 02.05.2017, Az 1 B 15.1575,www.gesetze-bayern.de = BayVBl 2017, 744
 
Wenn der Schuss nach hinten losgeht – Art. 51 BayVwVfG kann auch zur Verböserung führen

Sound:

Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG beinhaltet nicht die Verpflichtung einer Behörde, zugunsten des Bürgers eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Vielmehr ist die Behörde zu rechtmäßigem Handeln verpflichtet. Ein besonderer Vertrauensschutz ist mit Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG nicht verbunden.

Sachverhalt

B erhielt im Jahr 1997 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Tankstelle mit Waschhalle, Verkaufsraum und Tankstellendach. In der Genehmigung war festgesetzt worden, dass der Betriebslärm den Immissionsrichtwert von 57 dB(A) vor den Fenstern in der Nordfassade des Wohnhauses des angrenzenden Nachbarn (N) nicht überschreiten darf. N erhob Klage gegen die Baugenehmigung, schloss jedoch letztlich am 14.2.1998 einen Vergleich, in dem er die Werte akzeptierte. Beide Grundstücke liegen in einem Mischgebiet gem. § 6 BauNVO.#

###WEITERLESEN##

Nachdem N durch eine Immissionsprognose belegt hatte, dass der Immissionsrichtwert bei einer realistischen Kundenfrequenz von 612 Fahrzeugen pro Tag überschritten wird, stellte er beim zuständigen Landratsamt einen Antrag, das Genehmigungsverfahren wieder aufzugreifen und andere Werte festzulegen. Da sich das Landratsamt weigerte, erhob N eine Klage auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, die er in der Berufungsinstanz mit Urteil vom 23. März 2017 erfolgreich beendete, der Freistaat Bayern wurde zum Wiederaufgreifen des Verfahrens verurteilt, da die Baugenehmigung in ihrer ursprünglichen Fassung rechtswidrig sei und die neuen wissenschaftlich belegten Unterlagen neue Beweismittel seien. Im wiederaufgegriffenen Verfahren wurde eine schalltechnische Untersuchung zur Geräuschentwicklung durchgeführt, danach wurde an den maßgeblichen Immissionsorten auf dem Anwesen des N der für ein Mischgebiet maßgebliche Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags eingehalten. In der Folge wurde mit Bescheid vom 17. Mai 2017 u.a. die immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmung in der Baugenehmigung von 1997 in Nummer 2.2.2 dahingehend abgeändert, dass der maßgebliche Beurteilungspegel an Nordseite des Wohnhauses des N tags den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) nicht überschreiten dürfe.

N erhebt form- und fristgerecht Klage gegen diese Änderung der Baugenehmigung vom 17. Mai 2017, mit der der Immissionsrichtwert um 3 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite seines Wohnhauses angehoben worden war. Die Klage begründete er damit, dass aus dem rechtskräftigen Urteil des VGH folge, dass das Landratsamt verpflichtet sei, in dem wiederaufgegriffenen Verfahren eine für ihn günstigere Entscheidung zu treffen. Der damalige Vergleich sei gegenstandslos geworden. Ein Wiederaufgreifen mache nur einen Sinn, wenn ein besseres Ergebnis für den Antragsteller herauskomme. Hier sei auch ein Vertrauensschutz zugunsten des Klägers anzunehmen, da es im Rahmen des Art. 51 BayVwVfG nicht zu einer Verböserung kommen könne.

N beantragte, den Bescheid des Landratsamtes vom 17. Mai 2017 aufzuheben und auch, die dem B mit Bescheid vom 4. November 1997 erteilte Baugenehmigung aufzuheben. Er ist der Ansicht, dass aufgrund der Entscheidung vom 23.3.2017 der Vergleich von damals hinfällig sei und die ursprüngliche Genehmigung damit nicht bestandskräftig wäre.

Erfolgsaussichten der Klage?

Lösung:

I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 Abs. 1 VwGO

Der Rechtsweg ist hier eröffnet, da sich die streitentscheidenden Normen aus dem Bau- und Verwaltungsverfahrensrecht ergeben, bei denen es sich um Regelungen handelt, die nicht das Verhältnis von Privaten untereinander regeln. Von der Zuständigkeit des Gerichts kann ausgegangen werden.

II.  Zulässigkeit der Klage

1. Klageart

a)  Die angegriffene Baugenehmigung aus dem Jahr 1997 ist aufgrund ihrer Regelungs- und Außenwirkung ein VA i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG, so dass die Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO richtige Klageart ist.

P: Rechtsnatur des Änderungsbescheides?

b)  Fraglich ist, ob es sich bei dem Änderungsbescheid vom 17.5.2017 um einen eigenen VA i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG handelt. Inhaltlich handelt es sich um die Änderung einer vorhandenen Genehmigung. Dabei ist aber zu beachten, dass es sich um die Gestaltung einer neuen Nebenbestimmung handelt


Anmerkung; Achtung! Dies ist der Unterschied zu der Fallgestaltung aus der Klausur 1312, in der die Problematik der Tektur und der Nachtragsbauerlaubnis besprochen wurde! Von einer Tektur kann nur gesprochen werden, wenn der Bauherr Änderungen an seinem Vorhaben selbst durchführt. Hier wurde aber nicht das Vorhaben geändert, sondern nur eine bisher bestehende Regelung abgemildert.


Damit handelt es sich um einen eigenständigen Änderungsbescheid, der auch eigenständig angefochten werden kann.

2.  Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO

Da der Kläger nicht Adressat der Regelungen ist, muss er sich auf eine drittschützende Norm  berufen können.

Nachdem insbesondere Immissionen bemängelt werden, kommt eine Verletzung des in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO enthaltenen Gebotes der Rücksichtnahme in Betracht, da die Immissionen für den Kläger möglicherweise unzumutbar sein können.

3.   Klagefrist, § 74 VwGO

a)   Grundsätzlich gilt für eine Anfechtungsklage die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO ab Bekanntgabe des VAes. Diese liegt bereits 21 Jahre zurück. Jedoch war gegen die ursprüngliche Genehmigung bereits Klage erhoben worden.

Allerdings wurde in dem gerichtlichen Verfahren am 14.2.1998 ein Vergleich abgeschlossen, in dem sich die Beteiligten einigten, dass der Kläger die in der Genehmigung genannten Werte akzeptiert. Dieser Vergleich ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht durch das Urteil des VGH vom 23. März 2017 gegenstandslos geworden. Denn durch das vorgenannte Urteil wurde der Beklagte nur verpflichtet, das Baugenehmigungsverfahren für die Tankstelle hinsichtlich der Prüfung der Lärmbelastung des Anwesens des Klägers wieder aufzugreifen. Die Schlussfolgerung des Klägers, die Verpflichtung zum Wiederaufgreifen des Baugenehmigungsverfahrens ermögliche es, die Baugenehmigung als Ganzes zu Fall zu bringen, ergibt sich daraus nicht.

Aus diesem Grund bleibt auch der hilfsweise gestellte Antrag, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, ohne Erfolg.

b) Die Klage gegen den Änderungsbescheid ist dagegen fristgerecht erhoben worden.

III.  Beiladung des Bauherrn

Nachdem die Klage den VA, der den Bauherrn begünstigt, aufheben will, ist dieser gem. § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen.

IV. Begründetheit der Klage

Die gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen den Freistaat Bayern als Rechtsträger des zuständigen LRA zu richtende Klage ist begründet, wenn der Änderungsbescheid vom 17.5.2017 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

1.  Rechtsgrundlage für den Änderungsbescheid ist Art. 68 Abs. 1 BayBO, da es sich um die Veränderung einer Baugenehmigung handelt, für die keine eigene Befugnisnorm existiert.

2.  Von der formellen Rechtmäßigkeit kann ausgegangen werden, insbesondere war das LRA zuständig gem. Art. 53 Abs. 1 BayBO.

3.  Materielle Rechtmäßigkeit der Genehmigung

a)   Zunächst ist lediglich fraglich, ob die Heraufsetzung des Immissionsrichtwerts auf 60 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite des Wohnhauses des Klägers ordnungsgemäß war.

Da es sich bei einer Baugenehmigung einschließlich etwaiger Nebenbestimmungen um eine ohne Ermessensspielraum zu treffende (gebundene) Verwaltungsentscheidung handelt, kommt es nur auf die Frage an, welche Geräuschimmissionen dem Kläger aufgrund des Tankstellenbetriebs des Bauherrn zuzumuten sind.

Dies beurteilt sich anhand der TA Lärm, der als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift des Bundes, soweit sie - wie hier - für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt. Einen weitergehenden Schutz als die Einhaltung des Immissionsrichtwerts für ein Mischgebiet kann der Kläger nicht beanspruchen. Da dieser nach der TA Lärm 60 dB (A) tagsüber beträgt, kann der Kläger keinen günstigeren Immissionsrichtwert beanspruchen.

P: Sperrwirkung durch die Verpflichtung zum Wiederaufgreifen?

b) Die Erhöhung des Immissionsrichtwerts um 3 dB(A) auf 60 dB(A) im Verhältnis zur früheren Genehmigung könnte aber durch die Verpflichtung zum Wiederaufgreifen des Verfahrens aufgrund des Urteils des VGH vom 23. März 2017 gesperrt sein. Dies wäre dann der Fall, wenn die Rechtsfolge des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG, der die Korrektur einer bestandskräftigen Entscheidung erlaubt, die Verpflichtung zum Erlass einer „günstigeren" Entscheidung beinhalten würde.

Durch das Wiederaufgreifen des Verfahrens wird das Verwaltungsverfahren zunächst in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung befunden hat. Zugleich kann es in diesem neuen, vom ursprünglichen und abgeschlossenen Verfahren unabhängigen Verfahren darüber hinaus erforderlich werden, den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Bei der zu treffenden Sachentscheidung ist allein die für den Verwaltungsakt aktuell geltende materielle Rechtslage maßgebend. Die Behörde ist im wiederaufgegriffenen Verfahren nicht auf die in Art. 48 und Art. 49 BayVwVfG normierten Möglichkeiten der Aufhebung des Verwaltungsakts ex tunc oder ex nunc beschränkt, sondern sie hat zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen, geändert oder im Wege eines Zweitbescheids bestätigt werden soll[1].

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Verfahren, in dem das Wiederaufgreifen erstritten wird und dem wiederaufgegriffenen Verfahren als solchem. Während in ersterem aufgrund der Regelung des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG ein Anspruch auf Wiederaufgreifen nur besteht, wenn voraussichtlich eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herauskommen wird[2], ist in dem wiederaufgegriffenen Verfahren nur zu beurteilen, welche Entscheidung nach dem neuen Erkenntnisgewinn zu treffen ist.

Der Kläger konnte im ersten Verfahren beanspruchen, dass die Frage, welche Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung erforderlich sind, um sein Anwesen vor einer unzumutbaren Belastung durch die von der Tankstelle herrührenden Geräusche zu schützen, noch einmal – nach der nunmehr gegebenen Sach- und Rechtslage – geprüft wird.

Damit ist aber nicht zwingend garantiert, dass in dem wiederaufgenommenen Verfahren tatsächlich eine für den Antragsteller günstigere Entscheidung herauskommt.


Anmerkung:  Ein Sachverständigengutachten ist ein neues Beweismittel, wenn es nach Ablauf des Verwaltungs(streit-)verfahrens erstellt worden ist und neue, seinerzeit nicht bekannte Tatsachen verwertet, wenn es also selbst auf neuen Beweismitteln beruht. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist die Ausgangslage im Erstverfahren zu berücksichtigen.


Die Behörde musste also im wiederaufgenommenen Verfahren entscheiden, welche Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung erforderlich sind, um das Anwesen des Klägers vor einer unzumutbaren Belastung durch die von der Tankstelle herrührenden Geräusche zu schützen. Da nach der TA Lärm aber nach den obigen Ausführungen lediglich ein Wert von 60 dB (A) erforderlich ist, besteht kein weitergehender Anspruch.

c)   Ein anderes Ergebnis kann sich auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ergeben. Denn aufgrund des Verweises in Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG auf die Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG, nicht aber auf die Vertrauenstatbestände der Art. 48 Abs. 1 Satz 2, Art. 49 Abs. 2, 3 und 6 BayVwVfG ist klargestellt, dass dem Antragsteller kein Vertrauensschutz nach Art. 48 und Art. 49 BayVwVfG zukommt. Der Kläger hat mit dem von ihm eingelegten „außerordentlichen Rechtsbehelf" des Art. 51 BayVwVfG den Bestandsschutz der ursprünglichen Baugenehmigung, die einen Immissionsrichtwert von 57 dB(A) festgesetzt hat, selbst in Frage gestellt. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich auf die näheren Umstände des Erlasses der Baugenehmigung an. Vor diesem Hintergrund ist auch eine Verböserung, d.h. eine dem Antragsteller ungünstigere Entscheidung im wiederaufgegriffenen Verfahren grundsätzlich möglich.

Die Klage ist daher unbegründet und abzuweisen.


Anmerkung: Wichtig ist also die Klarstellung, dass ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bei neuen Beweismitteln i.S.d. Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG nur besteht, wenn eine günstigere Entscheidung möglich ist. Innerhalb des wiederaufgegriffenen Verfahrens ist dann aber ausschließlich die dann geltende Sach- und Rechtslage anzuwenden, so dass sich für den Antragsteller auch eine ungünstigere Entscheidung ergeben kann, ein Vertrauensschutz besteht nicht.



[1]   Vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121

[2]    Vgl. zu dem Verfahren, das dem vorliegenden Urteil vorangegangen ist BayVGH, Urteil vom 23.07.2009, Az. 1 B 08.2890, juris

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 08/18 ZR – 2. Staatsexamen

BAG, Urteil vom 21. März 2017, Az. 7 AZR 369/15; vgl. auch NZA 2017, 706
 
Befristung durch gerichtlichen Vergleich: nicht in allen Varianten als Sachgrund anerkannt!

Sounds:

1. Aufgrund des Gesetzeszwecks des Schutzes des Arbeitnehmers durch eine verantwortliche Mitwirkung des Gerichts an einem Vergleich genügt nicht jeder gerichtliche Vergleich als Sachgrund einer Befristung gemäß § 14 I 2 Nr. 8 TzBfG.

2. Die verantwortliche Mitwirkung des Gerichts an einem Vergleich gemäß § 278 VI 1 Alt. 1 ZPO ist nicht erfüllt und genügt somit nicht den Anforderungen des § 14 I 2 Nr. 8 TzBfG, wenn der Beitrag des Gerichts sich lediglich auf die Feststellung des Zustandekommens und den Inhalt des Vergleichs beschränkt. Anders ist dies, wenn der Vergleich gemäß § 278 VI 1 Alt. 2 ZPO zustande kam.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 07/18 ZR – 2. Staatsexamen

BAG, Urteil vom 29. Juni 2017, Az. 8 AZR 402/15 = NZA 2018, 33
 
Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft: Kausalitätsbeweis und Ausschlussfrist des § 15 IV AGG

Sounds:

1. Eine „Ablehnung durch den Arbeitgeber" i.S.v. § 15 IV 2 AGG setzt eine auf den Beschäftigten bezogene ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Arbeitgebers voraus, aus der sich für den Beschäftigten aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers eindeutig ergibt, dass seine Bewerbung keine Aussicht (mehr) auf Erfolg hat. Ein Schweigen oder sonstiges Untätigbleiben des Arbeitgebers reicht grundsätzlich nicht aus, um die Frist des § 15 IV 2 AGG in Lauf zu setzen.

2. Die Formulierung in einer Stellenausschreibung, mit der eine Person gesucht wird, die „Deutsch als Muttersprache" beherrscht, kann Personen wegen der ethnischen Herkunft gegenüber anderen Personen mittelbar benachteiligen i.S.v. § 3 II AGG.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 06/18 ZR

BAG, Urteil vom 22. März 2017, Az. 5 AZR 337/16 = NZA 2017, 988

Annahmeverzug: Voraussetzungen der Anrechnung von unterlassenem „Zwischenverdienst"
 
Sounds:
1. Der Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG, wenn er vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird.
 
2. Dabei darf der Arbeitnehmer nicht in jedem Falle ein zumutbares Angebot abwarten. Geht es nicht um eine Arbeitsmöglichkeit beim bisherigen Arbeitgeber, darf er nicht untätig bleiben, wenn sich ihm eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet. Das kann die Abgabe von eigenen Angeboten mit einschließen, etwa solchen unter Vorbehalt.

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LAW Aktuell Examensreport, Termin 2018/1

B) Strafrecht:

Allgemeines/Auffälligkeiten/Trends:

   Ø Umfangreiche Klausur, hinsichtlich des Schwierigkeitsgrads aber gut machbar

   Ø StPO-Teil: revisionsrechtliche Frage zur Auslegung des § 257c V StPO

                   Klausur Nr. 4:              

Teil I: V fährt auf einer Landstraße in einem Abschnitt, in dem eine Geschwindigkeit von 70 km/h erlaubt ist, mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h. Als er an einem am Seitenstreifen geparkten Fahrzeug vorbeifährt, bemerkt er plötzlich im Rückspiegel, dass er von der Polizei mittels einer Radarkamera, die hinter der Heckscheibe des am Seitenstreifen geparkten Fahrzeugs installiert ist, „geblitzt" worden ist. V hält kurz an und überlegt, was zu tun ist. Da er sein Auto beruflich dringend benötigt und ein Fahrverbot sowie ein hohes Bußgeld befürchtet, beschließt er, die Sache auf seine Art zu regeln.

Er wendet und fährt zu dem am Seitenstreifen geparkten Überwachungsfahrzeug der Polizei zurück, in dem der Polizeibeamte P sitzt. V erklärt P seine Situation, zieht zwei 100,- €-Scheine aus der Tasche und reicht sie P mit der Bitte, ihm den Film aus der Kamera zu geben und die Sache zu vergessen. P lehnt entrüstet ab, woraufhin V das Geld wieder einsteckt.

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