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Staatsexamina
 
Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 15/17 ÖR

BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017, Az. XII ZB 40/17 = NJW 2017, 2619

Mietvertragsstreitigkeit zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkind: Familiensache kann vorliegen!

Sound:

1. Bei der Prüfung, ob eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 I Nr. 3 FamFG vorliegt, ist das Tatbestandsmerkmal „im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung" weit auszulegen.

2. Streitigkeiten aus Mietverträgen über Wohnraum zwischen Schwiegereltern und ihrem Schwiegerkind anlässlich der Trennung ihres Kindes von dem Schwiegerkind können als sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 I Nr. 3 FamFG zu qualifizieren sein, wenn sie im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung entstanden.

Sachverhalt:

Die Kläger vermieteten ihrem Schwiegersohn, dem Beklagten, und ihrer Tochter die streitgegenständliche Wohnung. Die Kläger verlangen vom Beklagten Miete für den Zeitraum März 2012 bis einschließlich Januar 2013 sowie Januar 2015 bis einschließlich Januar 2016.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 14/17 ÖR

 BAG, Urteil vom 16. Mai 2017, Az. 9 AZR 572/16 = NZA 2017, 1056

Kein Schadensersatz in Geld wegen nicht gewährter Urlaubstage im bestehenden Arbeitsverhältnis

Sounds:

1. Befand sich der Arbeitgeber im Moment des Urlaubsverfalls nach § 7 III BUrlG im Verzug, so haftet er auf Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 283, 249 I i.V.m. §§ 287 S. 2, 286 I, IV BGB.

2. Dieser Schadensersatzanspruch geht grds. auf Naturalrestitution in Form von Ersatzurlaubsgewährung. Ob dieser sich in einen Anspruch auf Abgeltung verwandelt, richtet sich nicht nach § 251 I BGB, sondern nach den Vorgaben des § 7 IV BUrlG. Er entsteht erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Sachverhalt (aus didaktischen Gründen abgewandelt):

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. April 2016 beschäftigt. Sie hat laut Arbeitsvertrag einen Urlaubsanspruch von 24 Arbeitstagen. Arbeitstage sind die Tage von Montag bis Freitag, ausgenommen gesetzliche Feiertage. 18 Urlaubstage waren ihr antragsgemäß im Spätsommer 2016 gewährt worden. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 beantragte die Klägerin für das Kalenderjahr sechs Tage „Resturlaub". Die Beklagte lehnte dies ab, weil der Klägerin nur ¾ der 24 Arbeitstage Jahresurlaub zustünden, diese aber bereits gewährt und genommen worden seien.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 13/17 ÖR

BAG, Urteil vom 27. Juli 2017, Az. 2 AZR 681/16 = NZA 2017, 1327

PC-Überwachung mittels Software-Keylogger: Verwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess!

Sounds:

1. Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gemäß Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts – etwa von § 138 III, § 286, § 331 I 1 ZPO – ergeben.

2. Ist die Datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften des BDSG zulässig, liegt insoweit keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 21/17 ZR

BAG, Urteil vom 12. April 2017, Az. 7 AZR 446/15 = NZA 2017, 1125

Ist „i.A." gleich i.V."? Schriftform der Befristung bei Vertragsunterzeichnung durch einen Vertreter

Sounds:

1. Wird ein Vertrag für eine Vertragspartei von einem Vertreter i.S.v. § 164 I BGB unterschrieben, muss das Vertretungsverhältnis wegen §§ 14 IV TzBfG, 126 II BGB in der Vertragsurkunde selbst zum Ausdruck kommen.

2. Der Zusatz „In Vertretung" deutet darauf hin, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt. Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „Im Auftrag" unterschrieben, kann das im Einzelfall aber dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will. Allerdings kann die Auslegung aufgrund der Gesamtumstände auch ergeben, dass der Unterzeichner das gleiche zum Ausdruck bringen will wie mit dem Zusatz „i.V."

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 20/17 ZR

BAG, Urteil vom 26. Oktober 2016, Az. 7 AZR 135/15 = BAGE 157, 125 = NZA 2017, 382 sowie BAG, Urteil vom 12. April 2017, Az. 7 AZR 436/15 = NZA 2017, 1253

Kettenbefristung bei sog. mittelbarer Vertretung: institutioneller Rechtsmissbrauch und seine Grenzen

Sounds:

1. Der Befristungsgrund Vertretung (§ 14 I 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 I BEEG) kann auch im Falle einer sog. mittelbare Vertretung vorliegen, wenn nämlich die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern von einem anderen Arbeitnehmer oder von mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt wird.

2. Besteht ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 I TzBfG, ist eine umfassende Kontrolle nach den Grundsätzen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) i.d.R. geboten, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre überschreitet oder mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart wurden oder wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 19/17 ZR

BAG, Urteil vom 29. Juni 2017, Az. 2 AZR 302/16 = NZA 2017, 1121

Außerordentliche Kündigung wegen sexueller Belästigung: Arbeitgeberpflichten aus AGG als bedeutsamer Abwägungsfaktor

Sounds:

1. Eine sexuelle Belästigung i.S.v. § 3 IV AGG stellt nach § 7 III AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich" als wichtiger Grund i.S.v. § 626 I BGB geeignet. Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, u.a. von ihrem Umfang und ihrer Intensität.

2. Die absichtliche Berührung primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale eines anderen ist sexuell bestimmt i.S.d. § 3 IV AGG. Es handelt sich um einen Eingriff in die körperliche Intimsphäre. Auf eine sexuelle Motivation der Berührung kommt es nicht an.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 12/17 ÖR

VG Augsburg, Urteil vom 18.08.2016, Az Au 5 K 14.869, www.gesetze-bayern.de

Kein Nachbarschutz durch das Genehmigungsverfahren als solches – selbst wenn dabei drittschützende Regelungen auf der Strecke bleiben

Sound:

Für den baurechtlichen Nachbarbegriff ist auf die räumliche Reichweite des konkreten Vorhabens abzustellen. Die Wahl des falschen Genehmigungsverfahrens verletzt den Nachbar selbst dann nicht in seinen Rechten, wenn dadurch drittschützende Regelungen, die eigentlich hätten geprüft werden müssen, unberücksichtigt bleiben. 

Sachverhalt:

B erhält auf seinen Antrag hin vom örtlich zuständigen Landratsamt L eine Baugenehmigung zum Einbau einer Lackiervorbereitung und Lackieranlage in bestehende Räumlichkeiten sowie den Anbau eines Aggregateraumes an sein Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 322 in der Ortschaft Waldburg, Landkreis Augsburg. Das Baugrundstück ist an drei Seiten von Wohnbebauung umgeben, östlich des Baugrundstücks schließt sich unbeplanter Außenbereich an.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 11/17 ÖR

BVerfG, Beschl. vom 19.07.2016, 2 BvR 470/08, juris = BayVBl 2017, 88

Musterbeispiel für eine willkürliche Gerichtsentscheidung, wenn ein Zivilgericht Grundrechte ignoriert

Sound:

Die öffentliche Hand ist unabhängig von Organisations- und Handlungsform unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Es stellt einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, wenn eine Gemeinde - oder die mit der Leitung der Einrichtung betraute juristische Person des Privatrechts - unterschiedliche Eintrittspreise für die Nutzung eines Freizeitbades festsetzt. Gerichtsentscheidungen sind willkürlich, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird

Sachverhalt:

B ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Im Juli 2010 besuchte er in seinem Urlaub ein erheblich von Touristen besuchtes Freizeitbad in Bad Reichenhall, das von der BR-Freizeit-GmbH betrieben wird, Alleingesellschafter ist die Stadt Bad Reichenhall. Einwohnern von Bad Reichenhall wird ein Nachlass auf den regulären Eintrittspreis von etwa einem Drittel gewährt, diesen erhält B nicht.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 10/17 ÖR

VGH München, Urteil vom 06.04.2016, Az 10 B 14.1054, www.gesetze-bayern.de

Sind Hunde überall gefährlich? Neues zum Maulkorbzwang

Sound:

Eine Anordnung bzgl. einer Maulkorbpflicht außerhalb bebauter Ortsteile setzt eine Prognose voraus, dass der Hund auch ohne „Publikum" Rechtsgüter gefährdet. Die Zugehörigkeit zu einer Rasse alleine reicht für diese Gefahrenprognose nicht aus.

Sachverhalt:

K wohnt in der kreisangehörigen Gemeinde Brunndorf, Oberbayern. Er ist Halter des American Bulldog-Mischlings „Jim", der eine Schulterhöhe von über 50cm aufweist. Für den Hund existiert ein aktuelles Gutachten, wonach bei „Jim" keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren festgestellt werden könne.

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LAW Aktuell Auswirkungen der Rechtshängigkeit auf die Vererblichkeit eines Anspruchs auf Ausgleich immaterieller Schäden bei APR-Verletzung

BGH, Urteil vom 23.05.2017, VI ZR 261/16 = jurisbyhemmer

 I. Sound:

1 Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich.

2. Dies gilt auch, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Geschädigten anhängig oder rechtshängig geworden ist.

 II. Problem:

Nicht selten wird eine Verletzung des APR keine materiell-rechtlichen Schäden hervorrufen. Da in der Regel die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands unmöglich bzw. jedenfalls zur Entschädigung nicht genügend ist, und daher auch § 249 BGB nicht in Betracht kommt, würde ein Entschädigungsanspruch gem. § 251 I BGB grundsätzlich wegen § 253 I BGB scheitern.

Das wiederum würde aber bedeuten, dass eine Verletzung des APR häufig vollständig entschädigungsfrei bliebe. Daher wird unmittelbar aus Art. 1 I, 2 I GG nicht nur das APR selbst abgeleitet, sondern auch ein Anspruch auf eine billige Entschädigung in Geld als (ungeschriebene) Ausnahme zu dem Grundsatz, dass bei rein immateriellen Schäden eine Entschädigung in Geld nicht geschuldet sein soll.

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