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Staatsexamina
 

LAW Aktuell Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft

BGH, Urteile vom 10.06.2016 und 24.08.2016 = jurisbyhemmer

Sound:

1. Macht eine Partei den Unterlassungsanspruch eines Grundstückseigentümers aus § 1004 BGB bzw. aus § 862 BGB im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend, muss sich das schutzwürdige Eigeninteresse auf die Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück beziehen (Urteil vom 10.06.2016).

2. Ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse des Zedenten einer unentgeltlich abgetretenen Forderung, diese im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gerichtlich geltend zu machen, wird durch sein bloßes Interesse an einer technischen Erleichterung der Prozessführung nicht begründet (Urteil vom 24.08.2016).

I. Problem:

Macht jemand ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend, ist er prozessführungsbefugt. Macht jemand ein fremdes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend, muss ein Fall der Prozessstandschaft vorliegen. Diese kann sich aus Gesetz oder aus rechtsgeschäftlicher Ermächtigung ergeben, sog. gewillkürte Prozessstandschaft.

Im letzteren Fall ist anerkannt, dass der Prozessstandschafter ein eigenes Interesse an der Geltendmachung des Anspruchs haben muss. Mit der Frage, welche Anforderungen daran zu knüpfen sind, befassen sich diese zwei Fälle des BGH.


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LAW Aktuell Auschwitz – Beihilfe durch Handlungen auf unterer Hierarchieebene

BGH, Beschluss vom 20.09.2016 – 3 StR 49/16 = jurisbyhemmer

 

Sounds:

Bei der rechtlichen Bewertung von Handlungen eines auf unterer Hierarchieebene und ohne eigene Tatherrschaft in die organisatorische Abwicklung des massenhaften Tötungsgeschehens eingebundenen Beteiligten muss in den Blick genommen werden, dass zu jeder einzelnen Mordtat Mittäter auf mehreren Ebenen in unterschiedlichsten Funktionen sowie mit verschiedensten Tathandlungen zusammenwirkten und daher zu prüfen ist, ob die Handlungen des allenfalls als Tatgehilfe in Betracht kommenden Beteiligten die Tathandlung zumindest eines der an dem Mord täterschaftlich Mitwirkenden im Sinne des § 27 I StGB gefördert haben.

 

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 03/17 ÖR

VG Ansbach, Beschl. vom 14.10.2016, Az AN 3 S 16.01994, www.gesetze-bayern.de

Baurechtlicher Drittschutz durch § 31 BauGB – genaue Differenzierungen sind angebracht!

 

Sound:

Im Hinblick auf den durch § 31 Abs. 2 BauGB vermittelten Nachbarschutz ist zu unterscheiden, ob von einer drittschützenden oder einer nicht drittschützenden Festsetzung des Bebauungsplanes befreit wird. Abweichungen von das Nutzungsmaß betreffenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes lassen in der Regel den Gebietscharakter unberührt. Für einen Nachbarn besteht damit regelmäßig Rechtsschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme.

Sachverhalt:

Das Ehepaar Anna und Anton Anders ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 322 der Gemarkung Farchant im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2016, der dem Ehepaar am 7. Juli 2016 mit  Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, erteilte das Landratsamt dem Nachbarn eine Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Wohnhäusern mit neun Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit 18 Stellplätzen für die südlich an das Grundstück Fl.Nr. 322 angrenzenden Baugrundstücke, die im Eigentum des Nachbarn Neubauer stehen. Das Bauvorhaben soll drei Vollgeschosse haben und auf einer rund 3.500 qm großen Fläche entstehen. Der Abstand der neu zu errichtenden Gebäude zu dem Wohnhaus des Ehepaars A beträgt ca. 30m.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 02/17 ÖR

BayVGH, Beschl. vom 14.9.2015, 22 CS 15.1509, Die Fundstelle 2016, 226 oder www.gesetze-bayern.de

Bauaufsichtliche Anordnungen im Immissionsschutzrecht, ein Klausurklassiker

Sound:

Anordnungen nach § 20 BImSchG müssen genau beschreiben, worauf sie sich beziehen und welche Tätigkeiten sie untersagen, sonst sind sie unbestimmt.

Sachverhalt:

Die A-GmbH unterhält in Augsburg eine Betriebsstätte, in der dorthin angelieferte, zu Ballen gepresste PET-Flaschen verschiedenen Behandlungen (z. B. Aussortieren von Fremdstoffen, Waschen) unterzogen und sodann zu „PET-Flakes" (einem Kunststoffregenerat) gemahlen werden. Der Standort der GmbH umfasst insgesamt 18 Hallen, in denen unterschiedliche Abläufe stattfinden, von der Lagerung über die Reinigung bis zum Mahlvorgang. Für den Betrieb erhielt die A-GmbH am 20.2.2004 eine notwendige immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die sich auf 12 Hallen bezog und die dortigen Produktionsvorgänge beschreibt.

Durch eine Baukontrolle wurde festgestellt, dass in den anderen 6 Hallen ebenfalls angelieferte Flaschen in Ballen gelagert wurden, in zwei der Hallen wurden die Flaschen zu Granulat vermahlen. Es ist dabei unklar, ob erforderliche Lärmschutzmaßnahmen eingehalten werden und werden können.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 01/17 ÖR

 VGH München, Urt eil vom 14.06.2016, Az 10 B 24.2455, www.landesanwaltschaft.bayern.de
Klassiker Abschleppen – neuer Gebührenpflichtiger bei privater Aufstellung des Halteverbotes?

Sound:

Die Kostenschuldnereigenschaft ist bei unmittelbarer Ausführung einer Maßnahme abschließend in Art. 9 Abs. 2 PAG geregelt, ein Dritter kann daneben nicht nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 KG in Anspruch genommen werden.

Sachverhalt:

Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 8. Juli 2016 wurde der Wir Packen Es GmbH, einem Umzugsunternehmen, zur Durchführung eines Umzugs gestattet, vor dem Hauseingang des Anwesens A-Straße 2 in München auf Gebäudelänge zwei Halteverbotsschilder (Zeichen 283 mit Zusatzzeichen „am 14.7.2016, 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr") aufzustellen. Die Schilder waren bereits am 8. Juli 2016 von einem Mitarbeiter der GmbH aufgestellt worden, der in der gefertigten Vornotierungsliste u. a. den PKW einer Anwohnerin, Frau Müller, erfasste, der ausweislich einer weiteren von einem Mitarbeiter der WPE-GmbH am 13. Juli 2016 durchgeführten Kontrolle nicht mehr im ausgeschilderten Bereich gestanden habe.

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LAW Aktuell 1. Staatsexamen

BGH, Beschluss vom 21.04.2016 – 2 StR 394/15 = jurisbyhemmer

 

Sounds:

1. Bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, durch die grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen werden, ist ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen.

2. Bei Anerkennung eines hypothetisch rechtmäßigen Ersatzeingriffs als Abwägungskriterium bei der Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots würde der Richtervorbehalt unterlaufen und damit sinnlos werden.

1. Kurzsachverhalt (vereinfacht und abgewandelt): Es liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass A am 04.10.2015 eine gefährliche Körperverletzung begangen hat. Deswegen wird er am selben Tag vorläufig festgenommen und befindet sich anschließend in Untersuchungshaft.

  

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LAW Aktuell 1. Staatsexamen

Die sog. sozialen Medien bieten jedermann die ganz große Bühne, um von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 I S. 1 GG Gebrauch zu machen. Nur allzu oft entsteht dabei ein Konflikt mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der von der Äußerung Betroffenen, Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG.

Die Folge ist dann meist Arbeit für die Zivilgerichte, bei denen der Betroffene einen Widerrufs- und Unterlassungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB geltend macht, sowie für die Strafgerichte, weil der „Post" oder „Tweet" zu einer Strafanzeige führt.

Über Urteilsverfassungsbeschwerden wird der Fall dann zu einer Angelegenheit für das BVerfG. So war auch der Verfahrensgang der Entscheidung

BVerfG, Beschluss vom 29.06.2016, 1 BvR 2732/15 = jurisbyhemmer

in dem das BVerfG entscheiden musste, wie weit es von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, wenn ein Polizist aufgrund seiner Observationstätigkeit auf Facebook als „Spanner" bezeichnet wird. Das zuständige Amtsgericht als Strafgericht hatte in diesen Äußerungen unwahre Tatsachenbehauptungen gesehen, die nicht von Art. 5 I S. 1 GG gedeckt seien.

Damit verletzt das Amtsgericht Art. 5 I S. 1 GG.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 26/16 ZR

BAG, Urteil vom 17. März 2016, Az. 8 AZR 665/14 = NZA 2016, 945

AGB-Kontrolle von Vertragsstrafen: Transparenzgebot und Übersicherungsschutz mal wieder als zu hohe Hürden

Sounds:

1. Eine formularmäßige Vertragsstrafe, die für Nichterbringung der Arbeitsleistung höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist nur ausnahmsweise angemessen i.S.v. § 307 I 1 BGB.

2. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt.

3. In solchen Fällen der Klauselunwirksamkeit kann die Regelung auch nicht teilweise aufrecht erhalten werden.

Sachverhalt:

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2013 zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,00 Euro als „Mitarbeiterin Einzelhandel" beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 heißt es u.a.:

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LAW Aktuell 25/16 ZR

BGH, Beschluss vom 29. Juni 2016, Az. XII ZB 300/15 = NJW 2016, 3032

Beschränkung der elterlichen Sorge durch Testament: erfasst auch die Erbschaftsausschlagung durch ausgeschlossenes Elternteil!

Sound: Der durch Verfügung von Todes wegen angeordnete Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen gemäß § 1638 BGB umfasst auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft. Die in einem solchen Fall von einem ausgeschlossenen Elternteil im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung ist mangels Vertretungsmacht unwirksam.

Sachverhalt:

Das betroffene Kind wurde im Mai 2008 als Sohn der nicht verheirateten N.C. (im Folgenden: Mutter) und Dr. M.M. (im Folgenden: Erblasser) geboren. Der Erblasser erkannte die Vaterschaft an, und die Eltern gaben Erklärungen über die gemeinsame elterliche Sorge ab.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 24/16 ZR

BGH, Urteil vom 29. Juni 2016, Az. IV ZR 474/15 = NJW 2016, 2957 

Pflichtteilsergänzungsanspruch: Beginn der Zehnjahresfrist bei Grundstücksschenkung mit Vorbehalt eines Wohnungsrechts

Sounds:

1. Eine Schenkung gilt nicht als i.S.v. § 2325 III BGB geleistet, wenn der Erblasser den „Genuss" des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung nicht auch tatsächlich entbehren muss. Deswegen beginnt diese Frist bei Zurückbehaltung eines Nießbrauches nicht zu laufen.

2. Behält sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vor, so ist nur in Ausnahmefällen der Beginn des Fristlaufs gemäß § 2325 III BGB gehindert. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles, anhand derer beurteilt werden muss, ob der Erblasser den verschenkten Gegenstand auch nach Vertragsschluss noch im Wesentlichen weiterhin nutzen konnte.

Sachverhalt:

Der Kläger macht gegen die Beklagte Pflichtteilsergänzungsansprüche nach seinem am 16. August 2012 verstorbenen Vater (im Folgenden: Erblasser) geltend. Die Beklagte ist seine Mutter sowie die Ehefrau des Erblassers und dessen testamentarische Alleinerbin.

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