LAW Aktuell
Geschrieben von Ingo GoldLAW Aktuell 22/16 ZR
Sounds:
1. § 17 S. 2 MuSchG und § 17 II BEEG, wonach die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote/der Elternzeit im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen kann, verlängern nicht den Übertragungszeitraum des § 7 III 3 BUrlG.
2. Diese gesetzlichen Sonderregelungen bestimmen abweichend von § 7 III 1 BUrlG, dass der Urlaub nicht im „laufenden" Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, sondern auch im Folgejahr genommen werden kann. Dieses ist dann das für das Fristenregime des § 7 III BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr.
3. Konnte der Arbeitnehmer in diesem Jahr nach Ende der Elternzeit den Urlaub wegen Erkrankung erneut nicht nehmen, gilt daher auch jetzt noch der Übertragungstatbestand des § 7 III 3 BUrlG.
Sachverhalt:
Die Klägerin war bei der Beklagten von Mai 2008 bis zum 8. Januar 2014 beschäftigt. Ziffer 3 („Urlaub") des Anstellungsvertrags lautet:
Geschrieben von Ingo Gold
LAW Aktuell 21/16 ZR
Sounds:
1. Eine Verfallklausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen im Sinne des § 307 I S. 1 BGB, wenn ihm zur Geltendmachung nicht eine Mindestfrist von drei Monaten ab Fälligkeit des nicht erfüllten Anspruchs verbleibt.
2. Enthält eine Verfallklausel Ausschlussfristenregelungen für verschiedene Arten von Ansprüchen, die sprachlich verschränkt, aber inhaltlich trennbar sind, kann ein Teil der Regelung nach dem „blue pencil Test" wirksam bleiben. Dabei kann dann zur Vermeidung der Unwirksamkeit infolge des Transparenzgebots der Vertragstext des unwirksamen Teils der Klausel zur Auslegung der verbleibenden Regelung herangezogen werden.
Sachverhalt (stark vereinfacht):
Der Kläger war bis zum 29. November 2013 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Formulararbeitsvertrag enthält u.a. folgende Klausel:
Geschrieben von Ingo Gold
LAW Aktuell 20/16 ZR
BAG, Urteil vom 25. Mai 2016, Az. 5 AZR 318/15 = NZA 2016, 1076
Sounds:
1. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 I 1 EFZG auf die Dauer von insgesamt sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die Sechs-Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen.
2. Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung auf einer anderen Ursache beruht als die erste und bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt.
Geschrieben von Martin Mielke
LAW Aktuell 12/16 ÖR
VGH Mannheim, Beschl. vom 04.01.2016, Az 6 S 475/15, NVwZ-RR 2016, 337
Baurechtlicher Drittschutz im Gaststättenrecht – wem dient § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GastG?
Sound:
Auch wenn § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GastG auf das Bauplanungsrecht Bezug nimmt durch den Hinweis auf die „örtliche Lage", kann sich der Nachbar bei einer Anfechtungsklage gegen eine gaststättenrechtliche Genehmigung selbst dann nicht auf baurechtliche Regelungen stützen, wenn diese im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung Drittschutz vermitteln.
Sachverhalt:
K ist Eigentümer eines Wohnhauses in der kreisangehörigen Gemeinde G im Landkreis L. Auf dem übernächsten Grundstück, das im Bereich des Bebauungsplans „Stadtkern G" liegt, der ein Kerngebiet festlegt, eröffnete Z im Juli 2016 eine Diskothek mit Barbetrieb und Tanzunterhaltung. Z hatte dafür eine gaststättenrechtliche Genehmigung für diese Betriebsart erhalten, die Genehmigung wurde auch K ordnungsgemäß zugestellt.
Geschrieben von Martin Mielke
LAW Aktuell 11/16 ÖR
VG Würzburg, Urteil v. 11. November 2015, W 2 K 14.1125; BayVBl 2016, 534
Bürgerbegehren und Bebauungsplan – nicht immer kompatibel
Sound:
Ein Bürgerbegehren, das die Veränderung eines Bebauungsplans zum Inhalt hat, darf nicht die Abwägung vorwegnehmen, sondern nur einen Anstoß für die Gemeinde darstellen.
Sachverhalt:
In der Gemeinde F in Nordbayern wird am 15. Juli 2016 ein Bürgerbegehren mit folgender Fragestellung eingereicht:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde F ein Bauleitplanverfahren durchführt mit dem Ziel, für das Grundstück Fl. Nr. 1946, Gemarkung F, den Bebauungsplan „Über der Stadt" zu ändern, eine ausschließliche Nutzung für altersgerechtes Wohnen zu ermöglichen und die Gemeinde F zur Sicherung dieser Planungsabsicht alle hierfür notwendigen Maßnahmen ergreift, wie z. B. Zurückstellung von Baugesuchen oder die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens zu widersprechenden Genehmigungsanträgen."
Geschrieben von Martin Mielke
LAW Aktuell 10/16 ÖR
VGH München, Urteil vom 24.11.2015, Az 15 B 13.2414, www.gesetze-bayern.de
Neues zum Drittschutz – wenn sogar das Dach den Nachbarn schützt
Sound:
Wenn in einem Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse und die Dachform ohne Ausnahmemöglichkeit festgesetzt sind, folgt daraus ein Nachbarschutz im Wege des wechselseitigen Interessensausgleichs. Neu geschaffene Einsichtsmöglichkeiten können dann rücksichtslos sein.
Sachverhalt:
In der Gemeinde G wurde 1971 ein Bebauungsplan erlassen, der 28 Bauflächen umfasst und ein reines Wohngebiet festsetzt. Alle Grundstücke sind mittlerweile – den Festsetzungen entsprechend – mit rund 3,20 m hohen, eingeschossigen Flachdachbungalows bebaut. Der hier maßgebliche, nahezu rechteckige Planbereich wird vom Rennweg im Osten, der Karlstraße im Süden und der Georgstraße im Norden umgrenzt und ist vom in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Clausweg aus in Richtung Westen gemessen bis zu 86 m breit.
LAW Aktuell 1. Staatsexamen
BGH, Urteil vom 22.06.2016 - 5 StR 98/16 = jurisbyhemmer
Sounds:
1. Für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist maßgeblich, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist.
2. Über die finale Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen beide den Raubtatbestand konstituierenden Elemente in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen. Für diesen Zusammenhang ist allerdings nicht erforderlich, dass der Ort der Nötigungshandlung und der Ort des Gewahrsamsbruchs identisch sind. Auch lassen sich verbindliche Werte zu einem zeitlichen Höchstmaß zwischen Einsatz des Nötigungsmittels und Wegnahme nicht benennen.
LAW Aktuell 1. Staatsexamen
BGH, Urteil vom 19.07.2016, X ZR 123/15 = jurisbyhemmer
Sound:
Die Anzeige eines Reisemangels durch den Reisenden ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil dem Reiseveranstalter der Mangel bereits bekannt ist.
I. Problem:
Eine Besonderheit des reisevertraglichen Mängelrechts besteht darin, dass die Minderung kraft Gesetzes eintritt, § 651d I BGB. Diese Folge ist allerdings ausgeschlossen, wenn es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.
Erfolgt die Anzeige nicht, verweigern die Reiseveranstalter die Rückzahlung eines Minderungsbetrages. Hintergrund der Anzeigeobliegenheit: Der Reiseveranstalter soll zeitnah die Möglichkeit bekommen, Abhilfe zu schaffen, um so eventuell der Geltendmachung weiterer Mängelansprüche auszuweichen und sich den vollen Reisepreis zu verdienen.
LAW Aktuell Examensreport
Allgemeines/Auffälligkeiten/Trends: _ konkurrenzrechtlich schwierige, anspruchsvolle Klausur
_ kein StPO-Teil; trotzdem sehr umfangreich
Klausur Nr. 4
Teil I: G vereinbart mit U, ihr 3 kg Marihuana, das sich G auf dem Schwarzmarkt besorgt hat, zu einem Preis von 18.000,- € zu liefern. Als U dies ihrem Bekannten H erzählt, mit dem sie gelegentlich Marihuana konsumiert, wittert dieser eine Chance, „günstig an den Stoff zu kommen". Er bietet U daher an, sie zu dem mit G vereinbarten Treffpunkt zu fahren, sich dann im Hintergrund aufzuhalten und sie anschließend wieder nach Hause zu bringen. U, die von den Plänen des H nichts ahnt, nimmt dieses Angebot gerne an.
LAW Aktuell Examensreport, Termin 2016-II Bayern
Hinweis: Die nachfolgenden Übersichten sind keine Musterlösungen. Insbesondere dient der hier teilweise verwendete Urteilsstil allein der knapperen Darstellung in der Life&Law. Die Lösungshinweise sollen zur besseren Orientierung in Ihrer Examensvorbereitung dienen. Nur wer die Anforderungen des Examens kennt, lernt richtig. Die Examensklausuren in allen Bundesländern weisen inzwischen die gleiche Struktur und den gleichen Schwierigkeitsgrad auf. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von examenstypischen Fallkonstellationen. So werden Klausuren aus anderen Bundesländern im sog. Ringtausch („Klausurenpool") wiederverwendet. Alle Studenten und Referendare sollten sich daher mit den besprochenen Klausuren beschäftigen.
A) Zivilrecht
Allgemeines/Auffälligkeiten/Trends: Ø zwei Mal Schuldrecht „satt"
Ø Sachenrecht und Erbrecht
Ø wenig ZPO
Klausur Nr. 1
Sachverhalt: Der alleinerziehende M wohnt gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Sohn K zur Miete in der Erdgeschosswohnung eines Zweifamilienhauses. Eigentümer ist V, der die Wohnung im Obergeschoss bewohnt. Partei des Mietvertrags ist ausschließlich M. Zu dem Haus gehört eine auf demselben Grundstück stehende Doppelgarage, welche jeweils mit Hilfe einer eigenen Flügeltüre geöffnet werden kann und durch eine Holzlattenwand in zwei separate Teile geteilt ist. Während der eine Teil von V genutzt wird, hat M den anderen Teil zusammen mit der Wohnung angemietet.
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