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Staatsexamina
 
Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 14/16 ZR

BGH, Beschluss vom 16. September 2015, Az. XII ZB 340/14; vgl. auch NJW 2016, 503 = FamRZ 2015, 2153

Und wieder ein Problem des § 266 FamFG: Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Familiengericht und Wohnungseigentumsgericht

Sound:

In einer sonstigen Familiensache ist die Zuständigkeit des für Wohnungseigentumssachen zuständigen Gerichts in Ausnahme zu § 266 I Nr. 3 FamFG nur dann begründet, wenn es sich um eine Streitigkeit nach § 43 WEG handelt oder eine bedeutsame Vorfrage aus dem Bereich des Wohnungseigentumsrechts streitentscheidend ist.

Sachverhalt:

Die Beteiligten sind seit Mai 2016 geschiedene Eheleute. Sie hatten einen Ehevertrag abgeschlossen, in dem sie den Güterstand der Gütertrennung vereinbart hatten.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung war der Antragsgegner Alleineigentümer eines Grundstücks, das er mit Teilungserklärung vom 8. Juni 2000 in hälftige Miteigentumsanteile aufteilte, die eine Hälfte verbunden mit Sondereigentum an einer Praxis, die andere Hälfte mit Sondereigentum an Wohnräumen.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 13/16 ZR

BGH, Beschluss vom 9. März 2016, Az. XII ZB 693/14; vgl. auch NJW 2016, 1511

Elternunterhalt: Vorrang von zusätzlich geschuldetem Betreuungsunterhalt bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit!

Sounds:

1. Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt ist ein von dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich geschuldeter Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB als gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 I BGB von dessen Einkommen abzuziehen.

2. Ein elternbezogener Grund zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l BGB über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus kann auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen Gemeinschaft ist dem Pflichtigen im Verhältnis zu einem unterhaltsberechtigten Dritten nach Treu und Glauben nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint.

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LAW Aktuell Ausübungsschranke eines dinglichen Wohnrechts bei Tötung des Grundstückseigentümers oder einer diesem nahestehenden Person

BGH, Urteil vom 11.03.2016, V ZR 208/15 = jurisbyhemmer

Sound:

1. Will der Grundstückseigentümer oder eine diesem nahestehende Person mit dem Berechtigten eines dinglichen Wohnrechts nicht mehr auf dem belasteten Grundstück zusammenleben, weil der Berechtigte an einem von ihnen ein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen hat, kann die unveränderte Ausübung des Wohnungsrechts eine unzumutbare Belastung darstellen, die der Grundstückseigentümer bzw. sein Erbe nicht hinnehmen muss.

2. Folge dessen ist aber regelmäßig nicht die Verpflichtung zur (entschädigungslosen) Aufgabe des Rechts, sondern die Verpflichtung, es auf Verlangen des Grundstückseigentümers nicht mehr selbst, sondern allenfalls durch Überlassung an Dritte auszuüben.

I. Problem:

Ein Grundstück stand im Miteigentum zweier Brüder. Der eine übertrug seinen Miteigentumsanteil schenkweise auf den anderen, behielt sich aber ein dingliches Wohnrecht vor, welches auch eingetragen wurde. In der Folgezeit tötete der Schenker den beschenkten Bruder. Die Mutter als Erbin des getöteten Bruders steht auf dem Standpunkt, das dingliche Wohnrecht sei dadurch entfallen, zumindest müsse es zurückgewährt werden bzw. dürfe nicht mehr ausgeübt werden.

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LAW Aktuell Sukzessive Mittäterschaft – Billigung von bereits abgeschlossenen Handlungen

BGH, Beschluss vom 07.03.2016 – 2 StR 123/15 = jurisbyhemmer

 Sounds:

1. Ein bereits abgeschlossener Tatbeitrag kann im Rahmen einer sukzessiven Mittäterschaft dem beitretenden Mittäter zugerechnet werden, wenn die Tat, welcher der Mittäter beitritt, noch nicht vollendet ist.

2. Ist die Tat oder eine Tatvariante jedoch bereits beendet, ist eine Zurechnung selbst bei späterer Billigung durch einen beitretenden Mittäter nicht möglich.

 

1. Kurzsachverhalt(vereinfacht und abgewandelt): A und B wollen Wertgegenstände stehlen. Hierzu brechen sie nachts in ein Wohnhaus ein, wobei sie davon ausgehen, dass sich niemand in diesem aufhält.

Während B sich in das Wohnzimmer begibt, will A das Schlafzimmer durchsuchen. Dort trifft er jedoch die schlafende O an, die beim Öffnen der Tür aufwacht. A schließt die Tür von außen wieder, während O versucht, die Tür von innen aufzudrücken. A holt daraufhin kurz entschlossen ein Pfefferspray, das zum Einsatz gegen Menschen hergestellt ist, hervor, öffnet die Tür einen Spalt weit und sprüht der O ins Gesicht. Dabei will er O außer Gefecht setzen, um ungestört weiter die Wohnung durchsuchen zu können. Die O erleidet Reizungen in den Augen und Atemwegen.

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Geschrieben von Michael Grieger

LAW Aktuell Falsches Gesetz = Null Punkte!

Kein Sportler würde zu einem Wettbewerb antreten, ohne sich vorher mit den Spielregeln befasst zu haben. Jedes Gesellschaftsspiel beginnt damit, dass sich die Spieler vorher genau die Regeln zu diesem Spiel durchlesen. Die Spielregeln zu kennen, ist eine Selbstverständlichkeit – sollte man meinen. Umso überraschender ist es, dass viele Examenskandidaten zur Prüfung antreten, ohne eines der prüfungsrelevantesten Gesetze jemals in der Hand gehabt zu haben – die jeweilige Prüfungsordnung samt zugehöriger Hilfsmittelbekanntmachung!

Dies wurde auch dem Kläger im Fall des

VGH München, 7 BV 15.1233, Urteil vom 21.01.2016  = jurisbyhemmer

zum Verhängnis. Er legte im Termin 2013/1 den schriftlichen Teil des Ersten Juristischen Staatsexamens in Bayern ab. Bei einer Hilfsmittelkontrolle nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben war in der ersten Prüfungsarbeit (Zivilrecht) festgestellt worden, dass K in seiner Aktentasche einen Beck-Text, Deutscher Taschenbuchverlag (dtv), Band 5014, Europarecht (EuR), hatte. Dieser Text war gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - vom 16. Oktober 2008 über die Hilfsmittel für die Erste Juristische Staatsprüfung (Hilfsmittelbekanntmachung EJS) zur Benutzung in der Prüfung nicht zugelassen. Nach Nr. 1.5 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS war der Text Europarecht, Textausgabe, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden als Hilfsmittel zugelassen. Nach Nr. 1.4 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS war aus der Reihe Beck-Texte, Deutscher Taschenbuchverlag (dtv), Band 5006, Arbeitsgesetze (ArbG) zugelassen. Aus diesem Grund wurde die erste Prüfungsarbeit wegen Unterschleifs mit Null Punkten bewertet, obwohl Arbeitsrecht in dieser Klausur keinerlei Rolle spielte.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 09/16 ÖR

VGH Mannheim, Urteil vom 23.05.2014, Az 10 S 249/14, VBlBW 2015, 81 

Keine Gnade mit den Nachbarn – „Kinderlärm" ist auch dann zu ertragen, wenn es sich gar nicht mehr um Kinder handelt

Sound:

Auch bei von hoheitlich betriebenen Anlagen ausgehendem Lärm folgt aus einer etwaigen Verletzung des immissionsschutzrechtlichen Vermeidungsgebots gemäß § 22 Abs 1 S 1 Nr 1 BImSchG kein unmittelbarer Abwehranspruch im Nachbarschaftsverhältnis zwischen Störer und Gestörtem; als Anspruchsgrundlage für das Lärmminderungsbegehren von Nachbarn kommt allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Abwehranspruch in Betracht.

Sachverhalt:

K ist Mieter eines Hauses in der Gemeinde G, Landkreis O, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein Tennisplatz; dieses Grundstück liegt im Geltungsbereich eines ein Sondergebiet „Ferienpark" ausweisenden Bebauungsplans. 2001 erwarb die Gemeinde das Eigentum an diesem Grundstück. Es kam vermehrt zur Nutzung durch fußball- und hockeyspielende Kinder und Jugendliche. Nachdem die Gemeinde diese Nutzung ursprünglich verboten hatte, duldete sie das Ballspiel in der Folgezeit. Verbotsschilder wurden entfernt, nur ein Hinweis auf die allgemeinen Ruhezeiten wurde angebracht.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 08/16 ÖR

VG Würzburg, Urteil v. 14.1.2014, Az. W 4 K 13.435, veröff. bei www.gesetze-bayern.de

Wenn´s am Grund-VA fehlt, gibt’s keine Vollstreckung. Eine „Rechnung" ist nun mal kein VA

Sound:

Für die Durchführung einer Ersatzvornahme muss ein VA vorliegen, ein bloßer Verweis auf die Verletzung von Pflichten genügt nicht.

Sachverhalt:

K ist Hauseigentümer in der Gemeinde G, Landkreis L. Er betreibt eine Anlage, mit der Regenwasser in eine Zisterne abgeleitet wird und über eine Pumpe in ein gesondertes Grauwassernetz eingespeist werden kann. Dafür bestimmt § 10 Abs. 2 der Wasserabgabesatzung (WAS) der Gemeinde, dass die Anlage so beschaffen sein muss, dass zur Vermeidung von Verkeimungsgefahren für das Trinkwasser keine Verbindung zwischen der Regenwassernutzungsanlage und dem Trinkwassernetz bestehen darf.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 07/16 ÖR

VG München, Urteil vom 9.7.2015, Az. M 11 K 14.4924, veröff. bei www.gesetze-bayern.de

Sieg auf ganzer Linie – der Nachbar kann sogar für’s Zwangsgeld sorgen

Sound:

Wenn die zuständige Bauaufsichtsbehörde schon eine Beseitigungsanordnung erlassen hat, aber keine Anstalten macht, diese zu vollstrecken, kann der Nachbar einen Anspruch auf weitere Zwangsgeldverhängung geltend machen.

Sachverhalt:

Bei einer Baukontrolle im August 2010 wurde festgestellt, dass auf dem Dach des Anwesens der Familie B vier Dachgauben errichtet worden sind, eine Baugenehmigung lag nicht vor. Mit Bescheid vom 20.Oktober 2010 wurde der Bauantrag der B vom zuständigen Landratsamt Starnberg zum Bau von vier Dachgauben abgelehnt, da die Gauben der Ortsgestaltungssatzung der Gemeinde Starnberg widersprechen. Die Abstandsflächen würden ebenfalls nicht eingehalten und auch der erforderliche Brandschutzabstand von 1,25 m zur Grundstücksgrenze zur Familie A sei nicht eingehalten.

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LAW Aktuell Wie so oft im Leben. Auch im Baurecht gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!

Die Errichtung einer emissionsträchtigen Bebauung im Außenbereich – konkret ein Schweinemaststall – ist immer von zwei Seiten zu betrachten. Einerseits sind diese Vorhaben gerade im Außenbereich gewollt und genau aus diesem Grund privilegiert, § 35 I Nr. 1, 4 BauGB, weil sie zwar im Interesse der Allgemeinheit benötigt werden, zugleich aber im Innenbereich erheblich stören würden. Andererseits können diese Vorhaben auch im Außenbereich auf schutzwürdige anderweitige Bebauung stoßen. Diese Konkurrenz ist in § 35 III S. 1 Nr. 3 BauGB zumindest teilweise geregelt. Letztlich folgt diese Regelung dem alten Grundsatz: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ist zuerst die schutzwürdige (Wohn-)bebauung vorhanden, ist im Zweifel die nachrückende emittierende Bebauung unzulässig, § 35 III S. 1 Nr. 3 Alt. 1 BauGB. Im umgekehrten Fall beeinträchtigt die nachrückende Wohnbebauung öffentliche Belange und ist ihrerseits nicht genehmigungsfähig, § 35 III S. 1 Nr. 3 Alt. 2 BauGB.

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LAW Aktuell Besorgnis der Befangenheit eines Richters wegen seines Facebook-Profils?

BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – 3 StR 482/15 = jurisbyhemmer

 

Sound:

Der Inhalt einer öffentlich zugänglichen Facebook-Seite, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, der Richter beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie Zweifel bezüglich der Neutralität weckt und nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse betrifft. Unter diesen Umständen ist auch ein noch engerer Zusammenhang mit dem konkreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich.

 

1. Kurzsachverhalt (leicht abgeändert): Die Angeklagten A und B sind wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor der Großen Strafkammer des LG Rostock angeklagt.

Der Verteidiger des A nahm am Abend des 22. Januar 2015 erstmals von dem Facebook-Account des Vorsitzenden der Strafkammer Kenntnis. Im öffentlich zugänglichen Bereich war auf der Profilseite ein Lichtbild des Vorsitzenden zu sehen, auf dem dieser mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt und ein T-Shirt trägt, das mit der Aufschrift: "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA" bedruckt ist.

Auf derselben Seite war vermerkt: "2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock". In der Zeile darunter hieß es: "1996 bis heute". Im Kommentarbereich befand sich ein Eintrag des Vorsitzenden, der wie folgt lautete: "Das ist mein 'Wenn du raus kommst, bin ich in Rente'-Blick". Dieser Eintrag wurde von einem Benutzer mit den Worten: "sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))" kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Vorsitzende, "geliked" wurde.

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