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Staatsexamina
 
Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 09/16 ÖR

VGH Mannheim, Urteil vom 23.05.2014, Az 10 S 249/14, VBlBW 2015, 81 

Keine Gnade mit den Nachbarn – „Kinderlärm" ist auch dann zu ertragen, wenn es sich gar nicht mehr um Kinder handelt

Sound:

Auch bei von hoheitlich betriebenen Anlagen ausgehendem Lärm folgt aus einer etwaigen Verletzung des immissionsschutzrechtlichen Vermeidungsgebots gemäß § 22 Abs 1 S 1 Nr 1 BImSchG kein unmittelbarer Abwehranspruch im Nachbarschaftsverhältnis zwischen Störer und Gestörtem; als Anspruchsgrundlage für das Lärmminderungsbegehren von Nachbarn kommt allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Abwehranspruch in Betracht.

Sachverhalt:

K ist Mieter eines Hauses in der Gemeinde G, Landkreis O, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein Tennisplatz; dieses Grundstück liegt im Geltungsbereich eines ein Sondergebiet „Ferienpark" ausweisenden Bebauungsplans. 2001 erwarb die Gemeinde das Eigentum an diesem Grundstück. Es kam vermehrt zur Nutzung durch fußball- und hockeyspielende Kinder und Jugendliche. Nachdem die Gemeinde diese Nutzung ursprünglich verboten hatte, duldete sie das Ballspiel in der Folgezeit. Verbotsschilder wurden entfernt, nur ein Hinweis auf die allgemeinen Ruhezeiten wurde angebracht.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 08/16 ÖR

VG Würzburg, Urteil v. 14.1.2014, Az. W 4 K 13.435, veröff. bei www.gesetze-bayern.de

Wenn´s am Grund-VA fehlt, gibt’s keine Vollstreckung. Eine „Rechnung" ist nun mal kein VA

Sound:

Für die Durchführung einer Ersatzvornahme muss ein VA vorliegen, ein bloßer Verweis auf die Verletzung von Pflichten genügt nicht.

Sachverhalt:

K ist Hauseigentümer in der Gemeinde G, Landkreis L. Er betreibt eine Anlage, mit der Regenwasser in eine Zisterne abgeleitet wird und über eine Pumpe in ein gesondertes Grauwassernetz eingespeist werden kann. Dafür bestimmt § 10 Abs. 2 der Wasserabgabesatzung (WAS) der Gemeinde, dass die Anlage so beschaffen sein muss, dass zur Vermeidung von Verkeimungsgefahren für das Trinkwasser keine Verbindung zwischen der Regenwassernutzungsanlage und dem Trinkwassernetz bestehen darf.

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Geschrieben von Martin Mielke

LAW Aktuell 07/16 ÖR

VG München, Urteil vom 9.7.2015, Az. M 11 K 14.4924, veröff. bei www.gesetze-bayern.de

Sieg auf ganzer Linie – der Nachbar kann sogar für’s Zwangsgeld sorgen

Sound:

Wenn die zuständige Bauaufsichtsbehörde schon eine Beseitigungsanordnung erlassen hat, aber keine Anstalten macht, diese zu vollstrecken, kann der Nachbar einen Anspruch auf weitere Zwangsgeldverhängung geltend machen.

Sachverhalt:

Bei einer Baukontrolle im August 2010 wurde festgestellt, dass auf dem Dach des Anwesens der Familie B vier Dachgauben errichtet worden sind, eine Baugenehmigung lag nicht vor. Mit Bescheid vom 20.Oktober 2010 wurde der Bauantrag der B vom zuständigen Landratsamt Starnberg zum Bau von vier Dachgauben abgelehnt, da die Gauben der Ortsgestaltungssatzung der Gemeinde Starnberg widersprechen. Die Abstandsflächen würden ebenfalls nicht eingehalten und auch der erforderliche Brandschutzabstand von 1,25 m zur Grundstücksgrenze zur Familie A sei nicht eingehalten.

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LAW Aktuell Wie so oft im Leben. Auch im Baurecht gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!

Die Errichtung einer emissionsträchtigen Bebauung im Außenbereich – konkret ein Schweinemaststall – ist immer von zwei Seiten zu betrachten. Einerseits sind diese Vorhaben gerade im Außenbereich gewollt und genau aus diesem Grund privilegiert, § 35 I Nr. 1, 4 BauGB, weil sie zwar im Interesse der Allgemeinheit benötigt werden, zugleich aber im Innenbereich erheblich stören würden. Andererseits können diese Vorhaben auch im Außenbereich auf schutzwürdige anderweitige Bebauung stoßen. Diese Konkurrenz ist in § 35 III S. 1 Nr. 3 BauGB zumindest teilweise geregelt. Letztlich folgt diese Regelung dem alten Grundsatz: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ist zuerst die schutzwürdige (Wohn-)bebauung vorhanden, ist im Zweifel die nachrückende emittierende Bebauung unzulässig, § 35 III S. 1 Nr. 3 Alt. 1 BauGB. Im umgekehrten Fall beeinträchtigt die nachrückende Wohnbebauung öffentliche Belange und ist ihrerseits nicht genehmigungsfähig, § 35 III S. 1 Nr. 3 Alt. 2 BauGB.

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LAW Aktuell Besorgnis der Befangenheit eines Richters wegen seines Facebook-Profils?

BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – 3 StR 482/15 = jurisbyhemmer

 

Sound:

Der Inhalt einer öffentlich zugänglichen Facebook-Seite, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, der Richter beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie Zweifel bezüglich der Neutralität weckt und nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse betrifft. Unter diesen Umständen ist auch ein noch engerer Zusammenhang mit dem konkreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich.

 

1. Kurzsachverhalt (leicht abgeändert): Die Angeklagten A und B sind wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor der Großen Strafkammer des LG Rostock angeklagt.

Der Verteidiger des A nahm am Abend des 22. Januar 2015 erstmals von dem Facebook-Account des Vorsitzenden der Strafkammer Kenntnis. Im öffentlich zugänglichen Bereich war auf der Profilseite ein Lichtbild des Vorsitzenden zu sehen, auf dem dieser mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt und ein T-Shirt trägt, das mit der Aufschrift: "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA" bedruckt ist.

Auf derselben Seite war vermerkt: "2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock". In der Zeile darunter hieß es: "1996 bis heute". Im Kommentarbereich befand sich ein Eintrag des Vorsitzenden, der wie folgt lautete: "Das ist mein 'Wenn du raus kommst, bin ich in Rente'-Blick". Dieser Eintrag wurde von einem Benutzer mit den Worten: "sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))" kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Vorsitzende, "geliked" wurde.

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Geschrieben von Clemens d‘Alquen

LAW Aktuell Formale Anforderungen an die dingliche Einigung gem. § 873 BGB bei Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts

BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 73/15 = jurisbyhemmer

Sound:

Die zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts gem. § 873 BGB erforderliche Einigung muss, anders als das Verpflichtungsgeschäft, nicht notariell beurkundet werden.

I. Problem:

Soll ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden, haben die Parteien die Möglichkeit, ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht einzuräumen, §§ 463 ff. BGB. Der Rechtskaufvertrag i.S.d. § 453 I BGB, durch den die Einräumung erfolgt, bedarf zu seiner Wirksamkeit nach einhelligem Ansatz der notariellen Beurkundung. Zwar verpflichtet sich in diesem Vertrag niemand zur Veräußerung oder zum Erwerb von Grund und Boden, vgl. Wortlaut des § 311b I S. 1 BGB. Die spätere Ausübung des Vorkaufsrechts ist aber gem. § 464 I S. 2 BGB formfrei möglich. Die Folge der Ausübung ist unmittelbar die Entstehung eines Kaufvertrages zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem, § 464 II BGB. Um der Intention des § 311b I S. 1 BGB Genüge zu tun, wird dieser gleichsam vorgezogen auf den Vertrag, durch welchen das Vorkaufsrecht eingeräumt wird.

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Geschrieben von Dr. Bernd Berberich

LAW Aktuell Fahrlässige Tötung bei Rotlichtverstoß des Opfers?

OLG Hamm, Beschl. v. 20.08.2015 – 5 RVs 102/15 =jurisbyhemmer

Sound:

Eine bewusste Selbstgefährdung lässt grundsätzlich die Erfolgsabwendungspflicht des eintrittspflichtigen Garanten nicht entfallen, wenn sich das allein auf Selbstgefährdung angelegte Geschehen erwartungswidrig in Richtung auf den Verlust des Rechtsguts entwickelt.

 1. Kurzsachverhalt (leicht abgeändert): A fährt auf einer Landstraße mit 65 km/h auf eine beampelte Kreuzung zu, welche er geradeaus überqueren möchte. Von links nähert sich B, der die Kreuzung ebenfalls geradeaus überqueren will, mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h. Die Kreuzung ist von allen Seiten gut einsehbar, die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt sowohl für A als auch für B 50 km/h.

A nimmt den von links kommenden B wahr, geht aber davon aus, dass dieser an der Kreuzung hält. Sowohl A als auch B fahren aber kurz hintereinander in die Kreuzung ein, was A erst wahrnimmt, als sich beide auf der Kreuzung befinden. Wer von beiden, A oder B, dabei einen Rotlichtverstoß beging, lässt sich nicht klären.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 12/16 ZR

BAG, Urteil vom 23. September 2015, Az. 5 AZR 767/13; vgl. auch NZA 2016, 295

Vergütungsanspruch für Überstunden: Hohe Anforderungen an Darlegungslast, aber starke Auswirkungen eines Arbeitszeitkontos

Sounds:

1. Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus.

2. Wurde tatsächlich ein Arbeitszeitkonto geführt und will der Arbeitgeber im Nachhinein den sich aus dem Arbeitszeitkonto zugunsten des Arbeitnehmers ergebenden Saldo bestreiten, obliegt es ihm ausgehend von einer gestuften Darlegungslast, im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher Umstände der ausgewiesene Saldo unzutreffend sei oder sich bis zur vereinbarten Schließung des Arbeitszeitkontos reduziert habe.

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 11/16 ZR

BAG, Urteil vom 20. Oktober 2015, Az. 9 AZR 224/14; vgl. auch NZA 2016, 159
Berechnung der Urlaubsdauer nach §§ 3-5 BUrlG: kurze Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses werden ggf. ignoriert

Sounds:

1. Jedenfalls dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien vor Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses vereinbaren und nur eine kurzfristige Unterbrechung eintritt, sind beide Arbeitsverhältnisse urlaubsrechtlich als Einheit zu betrachten.

2. Es entsteht deshalb ein Anspruch auf Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres endet und der Arbeitnehmer mit seiner Gesamtbeschäftigungsdauer die sechsmonatige Wartezeit des § 4 BUrlG erfüllt hat (Umkehrschluss aus § 5 I Buchst. c BUrlG).

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Geschrieben von Ingo Gold

LAW Aktuell 10/16 ZR

BAG, Urteil vom 17. Dezember 2015, Az. 6 AZR 709/14; vgl. auch NZA 2016, 361

Abwicklungsvertrag mit Option vorzeitigen Ausscheidens: gesetzliche Schriftform für die Ausübung nötig!

Sounds:

1. Ein sog. Abwicklungsvertrag liegt vor, wenn die Parteien nach Erklärung einer Kündigung die Bedingungen vereinbaren, zu denen der Arbeitnehmer ausscheidet und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch diesen Abwicklungsvertrag, sondern durch die Kündigung bewirkt wird.

2. Anders als ein Aufhebungsvertrag bedarf ein Abwicklungsvertrag selbst nicht der Schriftform nach § 623 BGB bedarf.

3. Ein Abwicklungsvertrag kann für den Arbeitnehmer die Möglichkeit vorsehen, sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu erklären. Eine solche Erklärung bedarf jedoch gemäß § 623 BGB zwingend der Schriftform.

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